Deutlicher als erwartet sagte die Schweizer Stimmbevölkerung «Ja» zum neuen Filmgesetz. 58 Prozent haben ein Ja in die Abstimmungsurnen gelegt. Damit müssen nun künftig Streamingplattformen wie Netflix, Amazon Prime oder Disney Plus genau 4 Prozent ihres Umsatzes in der Schweiz in die hiesige Filmbranche investieren.
Laut Schätzungen des Bundes sind das rund 18 Millionen Franken pro Jahr. Dieses Geld könne der Schweizer Film durchaus brauchen, erklärt Joël Jent. Er ist Filmemacher und Drehbuchautor im Gespräch mit SRF. Aber das «Ja» zum Filmgesetz bringe der Branche noch etwas Anderes, etwas Wichtigeres: nämlich den Zugang zum wachsenden Streamingmarkt.
SRF News: Wie beeinflusst dieses Ja nun die Filmfinanzierung in der Schweiz?
Joël Jent: Mit diesem Ja zum Filmgesetz werden neu Produktionen auch in der Schweiz realisiert. Von den 80 angekündigten Produktionen für den deutschsprachigen Markt werden wir davon auch welche in der Schweiz haben. Bisher gab es ja diese drei Filmfinanzierungen über das Bundesamt für Kultur, die öffentlich-rechtlichen Sender und die Regionalförderung.
Mit diesem Ja zum Filmgesetz werden neu Produktionen auch in der Schweiz realisiert.
Wenn eine dieser drei Institutionen «Nein» zu einem Projekt sagte, dann wurde es schon mal schwierig. Wenn zwei oder drei Nein sagten, dann starb das Projekt. Jetzt ist es so, wenn zwei dieser drei oder sogar alle «Nein» sagen, dann gehen wir einfach zu einem der anderen Partner. Da gibt es ja jetzt viele, weil die internationalen Anbieter neu in der Schweiz tätig sein werden, was wunderbar ist.
Die Filmemacherinnen und Filmemacher in der Schweiz könnten ja auch ohne diese 4 Prozent Deals mit Netflix oder Disney plus vereinbaren. Wozu braucht es diese fixe Investitionsregel?
Das haben wir versucht. In diesen fünf Jahren seit Markteintritt der internationalen Streamingdienste – allem voran Netflix – ist nichts gelaufen oder fast nichts. Es wurden ein paar wenige Titel lizenziert und einige davon sind schon nicht mehr verfügbar.
Ich hätte es auch lieber, wenn es ohne Regulierung gehen würde.
Da können wir wirklich nicht von einer Marktpräsenz des Schweizer Films reden. Ich hätte es auch lieber, wenn es ohne Regulierung gehen würde. Wir haben viele Male Schritte auf diese Anbieter zugemacht, haben das Gespräch gesucht und es wurden viele Sachen versprochen. Es wurde aber nichts gehalten. Es wurde zwar immer viel produziert – einfach nie in der Schweiz.
Ist denn der Schweizer Film gross oder interessant genug für ein ausländisches Publikum, um auf den grossen Streamingplattformen auch Erfolge zu erzielen?
Absolut. Ich glaube, weil die Schweiz so international ist, haben wir ein Riesenpotenzial. Wir sind gleichzeitig das Land, in dem die Menschenrechte sowie auch internationales Recht geschrieben wurden. Zudem sind hier viele globale Organisationen angesiedelt. Wir sind auch über Rohstoffhandel und Banking so stark eingebunden in die Internationale.
Weil die Schweiz so international ist, haben wir ein Riesenpotenzial.
Da gibt es eine riesige Möglichkeit und eine riesige Menge von Möglichkeiten, wie wir da lokale Stoffe mit einer internationalen Ausstrahlung entwickeln können, die sehr attraktiv sind. Das konnten wir bisher einfach nicht tun, weil die Anforderungen der Geldgeber in der Schweiz halt andere waren.
Es war primär waren es Stoffe, die für Kino, für Festival, Publikum oder dann sehr national für die SRG waren. Das hat natürlich einen Einfluss auch darauf genommen, wie die Geschichten beschaffen waren. Wenn wir jetzt wirklich eine neue Generation haben, die international arbeitet, glaube ich, werden unglaublich tolle Stoffe hervorkommen.
Das Gespräch führte Eliane Leiser.