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Transplantationsgesetz Gegner und Befürworter fordern nun breite Organspende-Kampagne

  • Die Schweiz hat sich mit 60.2 Prozent Ja-Stimmen deutlich für eine radikale Änderung bei der Organspende ausgesprochen.
  • Künftig gilt hierzulande jeder Mensch als potenzieller Organspender, der dies zu Lebzeiten nicht ausdrücklich abgelehnt hat.
  • Das Referendumskomitee verlangt nun eine lückenlose Aufklärung der Bevölkerung.

Gesundheitsminister Alain Berset wertet das Ja zum Transplantationsgesetz als «gute Nachricht für alle Personen, die auf eine Organspende warten». Das Gesetz sei keine Revolution, sondern eine Evolution. Ziel sei es, die Zahl der Organspenden zu erhöhen, der Wechsel zur erweiterten Widerspruchslösung helfe dabei.

Der Abstimmungskampf habe eine grosse Diskussion ausgelöst, das Bundesamt für Gesundheit müsse aber auch in Zukunft gut und umfassend zu diesem emotionalen Thema informieren. Vor 2024 sei keine Inkraftsetzung des geänderten Transplantationsgesetzes geplant.

Ja-Komitee verlangt breit abgestützte Kampagne

Das Ja zur Vorlage sei ein «wichtiger Schritt», um die Spenderate in der Schweiz zu erhöhen: So kommentiert das überparteiliche Komitee «Ja zum Transplantationsgesetz» den Abstimmungsausgang.

Die Schweiz wechsle so zur erweiterten Widerspruchslösung und damit zu einem System, «das viele unserer Nachbarländer bereits kennen», heisst es in einer Mitteilung. Die Widerspruchslösung gilt bereits in zahlreichen europäischen Ländern, darunter Frankreich, Irland, Italien, Österreich und Spanien.

Für das überparteiliche Ja-Komitee steht nun als Nächstes die Informationskampagne über die Widerspruchslösung bei der Organspende im Vordergrund. Co-Präsidentin und Nationalrätin Flavia Wasserfallen (SP/BE) fordert eine breit abgestützte Kampagne. Sie könne sich den Versand von Informationsmaterial an alle Haushalte vorstellen, auch in Fremdsprachen, so Wasserfallen.

Auch Nationalrätin Regine Sauter (FDP/ZH) betont: Plakate alleine würden nicht reichen.

Die Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin (NEK) sieht in der Zustimmung zum Transplantationsgesetz ein Zeichen des Vertrauens gegenüber dem Gesundheitswesen. Das sei erfreulich, dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die angenommene Widerspruchslösung das Selbstbestimmungsrecht empfindlich einschränke, hält NEK-Präsidentin Andrea Büchler fest. Wer nicht automatisch Spender oder Spenderin werden wolle, müsse jetzt handeln.

Nationales Register in Planung

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Wer nach dem Tod keine Organe oder Gewebe spenden will, muss dies neu ausdrücklich festhalten. Geplant ist dafür ein nationales Register. Erstellt und verwaltet wird dieses vom Bund, betrieben von Swisstransplant unter Aufsicht des Bundesamts für Gesundheit. Bis zur Lancierung des Registers dürfte es laut Swisstransplant-Direktor Franz Immer rund 18 Monate dauern.

Eintragen lässt sich im Register ein generelles Nein zur Spende oder auch ein Ja zur Entnahme von Spenderorganen und -geweben nach dem Tod. Ebenso kann vermerkt werden, welche Organe man zu spenden bereit ist. Die Umstellung auf die neue Regelung soll frühestens 2023 erfolgen.

Allerdings kann die Haltung zur Organentnahme auch auf anderen Wegen dokumentiert werden, oder es können Angehörige oder dafür bezeichnete Vertrauenspersonen über die Spendeabsicht respektive den Spendeunwillen informiert werden. Wer zum Kreis der nahen Angehörigen zählt, muss noch festgelegt werden.

Eintrag jederzeit widerrufbar

Registereinträge müssen jederzeit widerrufen werden können. Auf das Register zugreifen können sollen für Organspenden zuständige Personen in den Spitälern. Abfragen sind erst erlaubt, wenn ein Patient oder eine Patientin eine aussichtslose Prognose hat und entschieden worden ist, lebenserhaltende Massnahmen abzubrechen.

Nein-Komitee fordert lückenlose Aufklärung

Das Referendumskomitee zum Organspende-Gesetz bedauert das Resultat der Abstimmung. Man habe von Anfang an schlechte Umfragewerte gehabt, sagt Co-Präsident Alex Frei. Co-Präsidentin Susanne Clauss wiederum bezweifelt, dass alle Stimmbürgerinnen und Stimmbürger Sinn und Zweck der Vorlage verstanden haben. «Ich glaube, den Leuten war nicht klar, dass es nicht um ein Ja oder Nein zur Organspende geht, sondern um die gesetzlichen Voraussetzungen für die Organentnahme.»

Für das Nein-Komitee steht nun der Bundesrat in der Pflicht, die Bevölkerung über 16 Jahren über die Widerspruchslösung zur Organspende genau aufzuklären. Nationalrätin Verena Herzog (SVP/TG) ist es ein grosses Anliegen, bildungsferne oder fremdsprachige Teile der Bevölkerung zu erreichen. Auch müssten Hausärzte in diesem Thema weitergebildet werden.

Nationalrätin Marianne Streiff-Feller (EVP/BE) zweifelt, ob dafür genügend finanzielle Mittel vorhanden sind: «Ich bin sehr skeptisch, dass 2.5 Millionen Franken pro Jahr für Informationen ausreichen.»

Mensch kann sieben Organe spenden

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Swisstransplant, die Schweizerische Nationale Stiftung für Organspende und Transplantation, ist im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit als nationale Zuteilungsstelle für die gesetzeskonforme Zuteilung der Organe an die Empfängerinnen und Empfänger zuständig. Sie führt die entsprechende Warteliste.

Sieben Organe kann ein Mensch nach Angaben von Swisstransplant spenden: Herz, Lunge, Leber, beide Nieren, Bauchspeicheldrüse und Dünndarm. Transplantierbar sind auch Gewebe und Zellen wie Augenhornhaut, Haut, Herzklappen und grosse Blutgefässe, Knochen, Knorpel, Sehnen und Bänder sowie Blutstammzellen. Mehrere Kranke können von einer Person ein Organ oder Gewebe erhalten.

Abstimmungsstudio, 15.05.2022, 12:00 Uhr ; 

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