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Zankapfel Covid-Zertifikat Urnengang wird zur Abrechnung mit der Corona-Politik des Bundes

Die Schweizer Covid-Politik der letzten Jahre steht auf dem Prüfstand. Ein Nein zur Vorlage wäre für die «Freunde der Verfassung» eine Genugtuung.

Es ist aussergewöhnlich, dass ein Gesetz gleich dreimal zur Volksabstimmung kommt. Dies zeigt, wie wichtig das Thema den Gegnerinnen und Gegnern der Corona-Massnahmen ist. Federführend beim Referendum waren – wie bei den früheren Referenden – unter anderem die sogenannten «Freunde der Verfassung».

Ihr Präsident Roland Bühlmann sagt dazu: «Ich denke, dass das Nein-Lager stärker motiviert ist, weil da auch Leute dabei sind, die stark unter den Massnahmen gelitten haben.» Damit spricht Bühlmann den Hauptkritikpunkt der «Freunde der Verfassung» an: das Covid-Zertifikat.

Im Hintergrund zwei Bundesräte, im Vordergrund ein Smartphonem mit einem Covid-Zertifikat
Legende: War das Covid-Zertifikat nötig oder eine Schikane? REUTERS/Denis Balibouse

Seit gut einem Jahr können wir alle wieder ins Restaurant, Kino oder Theater, ohne ein Zertifikat vorzuweisen. Doch während der akuten Phase der Pandemie galt in verschiedenen Bereichen des öffentlichen Lebens eine Zertifikatspflicht. Diese habe die Bevölkerung unnötig gespalten, so Bühlmann.

In Kürze stimmen wir über die Verlängerung des Covid-Gesetzes ab und damit auch über die Möglichkeit, das Covid-Zertifikat auch in Zukunft wieder einzusetzen. Dagegen kämpfen die «Freunde der Verfassung» vehement, auch wenn der Bund nicht plant, das Zertifikat künftig im Inland wieder anzuwenden, wie es in den Abstimmungsunterlagen heisst. «Dies wäre höchstens dann denkbar, wenn eine neue, gefährliche Virusvariante auftaucht, welche die Gesundheitsversorgung gefährden könnte.»

Deutungshoheit im Corona-Diskurs

Doch bei der Abstimmung geht es für das Nein-Lager noch um etwas anderes, etwas Grundsätzliches: um die Deutungshoheit im Corona-Diskurs. Die Massnahmen des Bundes seien übertrieben gewesen, sagen die «Freunde der Verfassung» schon seit Jahren.

Die Spaltung der Gesellschaft oder der Ausschluss von Menschen aus dem öffentlichen Leben ist nicht korrekt, und das darf nie wieder vorkommen.
Autor: Roland Bühlmann Präsident von «Freunde der Verfassung»

Bisher hat die Stimmbevölkerung den Kurs des Bundesrats an der Urne zweimal deutlich gutgeheissen, mit je über 60 Prozent Ja-Stimmen. Nun nehmen die Kritikerinnen und Kritiker einen dritten Anlauf, um doch noch Recht zu bekommen. Roland Bühlmann sagt: «Ja, es geht uns auch um ein politisches Zeichen. So etwas wie Corona darf es nie wieder geben. Die Spaltung der Gesellschaft oder der Ausschluss von Menschen aus dem öffentlichen Leben ist nicht korrekt, und das darf nie wieder vorkommen.»

Die klaren Resultate der beiden ersten Abstimmungen über das Covid-Gesetz zeigten jedoch: Für die Mehrheit der Stimmbevölkerung hatten die Corona-Massnahmen des Bundes ihre Berechtigung, um insbesondere die Gesundheit von vulnerablen Personen zu schützen.

Nein wäre eine Genugtuung

Ein Nein am 18. Juni wäre für die Massnahmengegnerinnen und -gegner eine Genugtuung. Hier hält das Ja-Komitee zum Covid-Gesetz dagegen.

Es geht letztlich nicht darum, Recht zu bekommen, ob alles richtig war, wie wir es gemacht haben. Denn da gibt es immer Kritik.
Autor: Marianne Binder Mitte-Nationalrätin im Pro-Komitee

Im Komitee sitzen Parlamentarierinnen und Parlamentarier von SP bis FDP, auch Mitte-Nationalrätin Marianne Binder. Sie sagt: «Es geht ja letztlich nicht darum, Recht zu bekommen, ob alles richtig war, wie wir es gemacht haben. Denn da gibt es immer Kritik. Es geht darum, die Bevölkerung für ein weiteres halbes Jahr zu schützen.»

So betont die Ja-Seite, das Covid-Gesetz werde nur deshalb verlängert, weil es im nächsten Winter wieder deutlich mehr Ansteckungen mit dem Coronavirus geben könnte. Dann brauche der Bund die gesetzliche Grundlage, um rasch reagieren zu können. Wenn die Corona-Situation unter Kontrolle bleibe, werde es auch keine Einschränkungen im öffentlichen Leben mehr geben.

Rendez-vous vom 30. Mai 2023, 12:30 Uhr

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