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Analyse des Urnengangs Die Parteipräsidenten wollen jetzt die Gräben zuschütten

Ja zu Covid-Gesetz und Pflege-Initiative. Das Abstimmungsergebnis gibt viel zu diskutieren.

Nach dem Ja zum Covid-Gesetz zeigen sich die Chefs der Bundesratsparteien in der Präsidentenrunde von SRF mehrheitlich zufrieden. «Man kann weiterfahren mit dem Covid-Zertifikat», freut sich etwa FDP-Präsident Thierry Burkart. So könne man etwas mehr Freiheit wagen in der Pandemie.

Das Volk hat sich hinter Gesundheitsminister Alain Berset gestellt.
Autor: Cédric Wermuth Co-Präsident der SP Schweiz

SP-Co-Präsident Cédric Wermuth spricht von einem «klaren Entscheid des Volkes, das sich hinter Gesundheitsminister Alain Berset gestellt hat». Wichtig sei, dass man mit den Menschen, die gegen das Gesetz gestimmt haben, jetzt gemeinsam gegen die Pandemie kämpfe. «Doch die Drohungen, Fake News und der Hass – das geht nicht mehr.»

Pfister: Vertrauen in den Bundesrat

Akzeptieren kann das Resultat auch SVP-Präsident Marco Chiesa, dessen Partei das Referendum unterstützt und sich damit gegen das Covid-Gesetz eingesetzt hatte. «Es wurde eine demokratische Entscheidung getroffen, wir werden das respektieren», betont er.

Doch er sei nicht sicher, dass mit dem Zertifikat allein die Pandemie besiegt werden könne. «Dazu braucht es Booster, Testen und den Schutz der Risikogruppen», so Chiesa.

Wir müssen jetzt boostern, testen und die Risikogruppen schützen.
Autor: Marco Chiesa Präsident der SVP Schweiz

Mitte-Präsident Gerhard Pfister seinerseits betont, dass eine «gewaltige Mehrheit» für das Covid-Gesetz sei. Diese Volksmehrheit spreche mit dem Ja dem Bundesrat und den Regierungen ihr Vertrauen aus. «Es ist ein guter Tag für die Demokratie», so Pfister.

Gewaltfreier Dialog ist nötig

Von einem «Tiefpunkt» spricht FDP-Präsident Burkart aber angesichts der Tatsache, dass das Bundeshaus habe abgeriegelt werden müssen – aufgrund der Befürchtung von Ausschreitungen von Massnahmen-Gegnern. «Unsere Demokratie ist das Fundament unseres Landes, sie muss funktionieren», betont er.

Es braucht jetzt Dialog – gewaltfrei.
Autor: Thierry Burkart Präsident der FDP Schweiz

Die Gräben müssten jetzt zugeschüttet werden. «Dazu braucht es Dialog – und das gewaltfrei», so Burkart. Es brauche von allen die Bereitschaft, gemeinsame Lösungen zu finden.

Das findet auch Pfister: Man müsse jetzt auf jene zugehen, die Nein gestimmt hätten, sagt er. «Doch von denen, die mit Drohungen reagieren und Misstrauen säen, muss man sich distanzieren», sagt er ebenfalls.

Die grosse Mehrheit der Nein-Stimmenden hält sich an die Spielregeln.
Autor: Gerhard Pfister Parteichef der Mitte Schweiz

In einer direkten Demokratie hätten zu Gewalt aufrufende Stimmen nichts zu suchen. «Auch wenn sich die grosse Mehrheit jener, die Nein gestimmt haben, an die Spielregeln halten», so der CVP-Präsident. Die Gräben müssten zugeschüttet werden, sagt auch er. Dazu stünden die Parteien jetzt in der Pflicht.

Jetzt boostern – aber schnell!

Auf die Frage, wie es nun weitergehe in der Pandemie, betont Chiesa, dass man mit dem Booster jetzt schon fast zu spät dran sei. Viele alte Menschen seien in Altersheimen gestorben, weil man den Booster zu spät lanciert habe.

Auch Wermuth betont, dass das Boostern jetzt sehr rasch forciert werden müsse. «Ich erwarte, dass die Kantone jetzt mit Turbospeed arbeiten.»

Covid-Tests dürften bald wieder gratis sein

Das Covid-Gesetz ist auch in der am Montag beginnenden Session wieder Thema. Dabei stellt sich unter anderem die Frage, ob die Wirtschaftshilfen verlängert werden sollen.

Klar Ja sagen dazu Pfister, Chiesa und Wermuth – und auch Burkart ist allenfalls dazu bereit. Ebenfalls Thema wird sein, ob die Covid-Tests wieder für alle gratis werden sollen. Hier scheint eine Parlamentsmehrheit absehbar, nur Burkart stellt sich im Namen seiner FDP dagegen.

Kein Gehör haben die Parteichefs für eine allgemeine Impfpflicht – auch wenn sich Burkart allenfalls eine Impfpflicht in einer spezifischen Institution vorstellen kann. «Aber eine allgemeine Impfpflicht schliesse ich aus», so der FDP-Präsident.

Pflege-Initiative muss erst noch umgesetzt weden

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Parteipräsidenten
Legende: srf

Über den historischen Abstimmungserfolg der Pflege-Initiative freut sich naturgemäss der SP-Präsident. «Ich bin sehr froh, dass das Volk den Hilferuf der Pflegenden gehört hat», sagt Wermuth. Burkart bedauert, dass man jetzt nicht mit dem Gegenvorschlag rasch Verbesserungen einführen kann. Ähnlich sieht das Mitte-Präsident Pfister. «Es geht wohl etwas langsamer – doch das Parlament ist gut beraten, den Volkswillen umzusetzen.»

Wermuth schlägt deshalb vor, den Gegenvorschlag hervorzuholen und den unbestrittenen Teil möglichst rasch in Kraft zu setzen. Die weiteren Punkte könnten dann später folgen. SVP-Präsident Chiesa sieht höhere Kosten auf das Gesundheitswesen zukommen, welche durch die Initiative entstehen werden – immerhin sieht sie höhere Löhne für Pflegende vor. Dem widerspricht Wermuth: «Langfristig werden die Kosten sogar weniger stark steigen – weil sich die Pflegenden besser um die Patienten kümmern können.»

SRF 1, Abstimmungsstudio vom 28.11.2021, 17:10 Uhr ; 

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