Zum Inhalt springen

Änderung Verrechnungssteuer «Die Wirtschaft hat Probleme, ihre Punkte klarzumachen»

  • Nach dem Nein des Stimmvolks zur Teilabschaffung der Verrechnungssteuer geben sich die Befürworter selbstkritisch.
  • Die Komplexität der Vorlage habe den Gegnern in die Hände gespielt, sagen sie.
  • Die Gegnerseite sieht im Volks-Nein eine Absage an Sonderrechte für Konzerne.

SP-Co-Präsident Cédric Wermuth führt das knappe Resultat auf die massive Kampagne der Befürworter zurück. Am Ende hätten die Menschen aber verstanden, dass es nur um eine Subvention für ein paar wenige gegangen sei. «Das spaltet das Land, mit dieser Politik sollten wir wirklich aufhören», sagt er.

Das Nein sei ein Signal der Schweizer Bevölkerung. Mit Blick auf die Umsetzung der OECD-Mindeststeuer schrieb die SP in einem Communiqué: «Es braucht endlich eine Steuerpolitik für die Bevölkerung und nicht laufend zusätzliche Entlastungen für die Konzerne.» Finanzminister Ueli Maurer warf die Partei vor, dieser habe in einer Zeit explodierender Strompreise und steigender Krankenkassenprämien riesige Steuerausfälle in Kauf genommen.

Ins gleiche Horn stiess der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB). Mit einseitigen Begünstigungen für die Oberschicht müsse nun definitiv Schluss sein, forderte er. Stattdessen brauche es Entlastungen für Arbeitnehmende und Rentnerinnen.

Steuerpolitik «auf dem Holzweg»

Ähnlich äusserten sich die Grünen. Die Bürgerlichen seien «mit ihrer Steuer-Salamitaktik auf dem Holzweg», schrieben sie in einem Communiqué. Der finanzielle Spielraum für Steuerentlastungen werde angesichts der Krisen der Gegenwart zunehmend enger, gab die EVP zu bedenken.

Begrüsst wurde das Volks-Nein auch vom Arbeitnehmer-Dachverband Travailsuisse. Die Abschaffung der Verrechnungssteuer hätte zwangsläufig zu Kürzungen der öffentlichen Leistungen, beispielsweise bei der Bildung, dem öffentlichen Verkehr oder im Gesundheitswesen geführt, schrieb er.

Befürworter üben Selbstkritik

Enttäuschung dagegen auf der Befürworterseite: Die Reform hätte die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt, da viele Geschäfte in die Schweiz zurückgeholt worden wären, gab sich die FDP überzeugt.

«Die Wirtschaft hat offensichtlich Probleme, ihre Punkte der Bevölkerung klarzumachen», sagt der Zürcher SVP-Nationalrat Thomas Matter. Das neue Verrechnungssteuergesetz sei eine komplexe Vorlage und darum schwierig zu gewinnen. «Es geht mir persönlich ja genau gleich: Wenn ich etwas nicht verstehe, dann stimme ich notfalls Nein.»

Wirtschaft hat Probleme, ihre Punkte klarzumachen
Autor: Thomas Matter Nationalrat (SVP/ZH)

Es falle schwer, technische Vorlagen wie das neue Verrechnungssteuergesetz dem Stimmvolk zu erklären, sagt auch der Präsident des Wirtschaftsverbands Economiesuisse, Christoph Mäder. «Vor allem dann, wenn wie im Fall der Verrechnungssteuer die meisten Leute damit in ihrem praktischen Leben nicht konfrontiert sind.» Daran müsse man arbeiten.

Zwei Männer stehen sich gegenüber und reden miteinander.
Legende: Christoph Mäder (l.), Präsident von Economiesuisse, und Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischen Arbeitgeberverband, sprechen über die Abstimmung. Keystone/ Peter Schneider

Der knappe Ausgang der Abstimmung sei jedoch als Teilerfolg zu werten, sagte Nationalrat Matter. «Offensichtlich verfangen die linken Märchen beim Stimmvolk immer weniger», hiess es im SVP-Communiqué

Eine verpasste Chance sehen die Grünliberalen. Ein Grund für einen Kurswechsel ist der Volksentscheid für sie nicht. Man werde sich weiterhin für eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts im Bereich der Fremdkapitalfinanzierung einsetzen, liess sich die Berner Nationalrätin Kathrin Bertschy im Communiqué zitieren.

Auch die Bevölkerung hätte von der Teilabschaffung der Verrechnungssteuer profitiert, schrieb die Mitte-Partei. Leider habe dies die Stimmbevölkerung anders gesehen. Dies gelte es zu akzeptieren.

Abstimmungsstudio, 25.09.2022, 12.00 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel