«Ich habe nichts dem Zufall überlassen», erzählt Martina Kocher über die Vorbereitung auf die Rodel-Weltmeisterschaft in Deutschland. «Seit mehreren Jahren habe ich darauf hingearbeitet.» Und zwar mit Disziplin und Zuversicht: «Ich wusste, dass meine Zeit kommt.» Schliesslich holte sie Ende Januar 2016 im deutschen Königssee gleich zwei Medaillen: Eine goldene und eine silberne.
Mit dem Fahrtwind verflogen die Tränen.
Eigentlich sind es nicht Jahre der Vorbereitung, sondern Jahrzehnte: Als 9-Jährige sass Martina Kocher aus Hinterkappelen zum ersten Mal auf einem Rodel. Ihr Vater Heinz Kocher war Nationaltrainer von Bob und Rodeln, die kleine Martina war mit ihm unterwegs. Sie sah einen Eiskanal und wollte es auch ausprobieren. Nur: «Als ich drin sass, begann ich zu weinen und wollte nicht mehr», schmunzelt die heute 30-Jährige. Ihr Vater blieb hart und verlangte, dass sie hinunterfahre. Was ein guter Entscheid gewesen sei: «Mit dem Fahrtwind verflogen die Tränen, es gefiel mir immer mehr und als ich unten war, wollte ich gleich noch einmal.»
So begann ein Sportlerinnenleben mit viel Disziplin und Entbehrungen: 200 Tage pro Jahr unterwegs, ein Leben aus Koffern, wie es Martina Kocher beschreibt. «Disziplin heisst für mich, das zu verfolgen, was einem gefällt und was man für richtig hält. Und zwar gnadenlos, ohne nach links und rechts zu schauen.» Auf Vieles habe sie verzichten müssen, etwa wenn die Kollegen ins Kino gingen und sie trainieren oder für die Schule lernen musste. «Aber ich machte das gerne, weil ich wusste, dass es der richtige Weg für mich ist.»
Es ist ein Tanz an den eigenen Grenzen.
Martina Kocher erzählt als Sonntagsgast im Regionaljournal vom «wunderbaren Gefühl im Eiskanal, wenn man immer schneller wird, wenn man die Fliehkraft spürt, links und rechts nicht viel Polster. Das macht grossen Spass.»
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Auf der andern Seite: «Es gab viele Momente, in denen ich dachte, ‹Ich mag nicht mehr, ich kann nicht mehr.›» Emotional und körperlich sei es sehr anstrengend, wenn man sich ständig verbessern wolle. «Jedes Training bedeutet Schmerz.» Bei jedem Training müsse man Vollgas geben, weil es sonst nichts bringe. «Es ist ein Tanz an den eigenen Grenzen.»
Aber es habe sich gelohnt, immer wieder aufzustehen. «All die Schweisstropfen und all die Tränen haben sich gelohnt durch das, was ich jetzt dafür bekommen habe.»
(Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 17:30 Uhr)