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Kontroverse über CO2-Gesetz GLP und Mitte kontern Argumente von Swiss-Chef zur Lenkungsabgabe

Der Swiss-Chef sagt, die Swiss müsse am Ende die Abgabe selbst bezahlen. Das sei ein Denkfehler, kontert das Ja-Komitee.

In einem knappen Monat steht die Abstimmung über das CO2-Gesetz an. Ein wichtiger Aspekt des Gesetzes ist die Flugticketabgabe: Sie soll das Fliegen unattraktiver machen. 30 Franken für Europaflüge und 120 Franken für Interkontinentalflüge – so hoch soll gemäss dem neuen CO2-Gesetz die Abgabe auf den Tickets sein.

Das Ziel ist eine Lenkungswirkung, damit die Leute weniger fliegen. Doch dieses Ziel werde nicht erreicht, sagte Dieter Vranckx, Chef der Fluggesellschaft Swiss, im Interview mit der «Sonntagszeitung».

Wer bezahlt die neue Abgabe?

Die Marktmechanismen würden es nicht erlauben, die Ticketabgabe auf die Passagiere zu überwälzen. Weil der Preiskampf in der Flugbranche so gross sei, werde die Swiss die Kosten der Ticketabgabe selbst tragen müssen. Dadurch habe die Abgabe aber keine lenkende Wirkung, so der Swiss-Chef im Interview.

Stellungnahme der Swiss

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Swiss steht hinter den Zielen der Klimastrategie 2050 des Bundesrates. Unabhängig davon will Swiss bis 2030 ihre CO2-Emissionen um 50% gegenüber 2019 senken, 2050 will Swiss das Netto-Null-Ziel erreichen. Damit Swiss ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, muss sie wirtschaftlich operieren können und damit wettbewerbs- und investitionsfähig bleiben.

Eine nationale Flugticketabgabe erschwert das grundsätzlich. Der nun vorgestellte konkrete Umsetzungsvorschlag für die Abgabe in der CO2-Verordnung geht in die komplett falsche Richtung und ist kontraproduktiv. Er schwächt Swiss massiv wirtschaftlich, erschwert den Wiederaufbau der Direktanbindung der Schweiz und entzieht SWISS die Basis für effektive Klimaschutzmassnahmen.

Umwälzung der Flugticketabgabe

Aufgrund der geringeren Betroffenheit können ausländische Konkurrenten trotz Flugticketabgabe Tickets ab der Schweiz günstiger anbieten. Sie können den finanziellen Effekt in ihrem Netzwerk verwässern. Swiss hingegen wird die Flugticketabgabe in voller Härte treffen. Als heimische Fluggesellschaft muss sie sie auf allen Flügen entrichten und wird sie nicht vollständig auf die Passagiere überwälzen können. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, wird Swiss einen Teil der Abgabe absorbieren müssen. Das mindert die Wirtschaftlichkeit. Letztlich werden so die Investitionsmittel reduziert.

Investitionen in synthetische Treibstoffe

Swiss hat innerhalb einer Dekade über 8 Milliarden Franken in treibstoffeffizientere Flugzeuge investiert. Der Einsatz moderner Technologie und Flugzeuge ist einer der grössten Hebel in Punkto Umwelteffizienz im Luftverkehr.

Bei den synthetischen Treibstoffen arbeiten wir eng mit der Lufthansa Group zusammen. Diese hat sich im letzten Jahrzehnt intensiv mit der Erforschung und Nutzung nachhaltiger Kraftstoffe befasst. Bereits seit Ende 2019 können Swiss-Kunden bei der Buchung ihrer Flüge die CO2-Emissionen durch den Kauf von nachhaltigem, alternativem Treibstoff verringern. Wählt man diese Option, kauft die Lufthansa Group mit dem Betrag die Menge bei einem Lieferanten ein. Der nachhaltige Treibstoff wird dann an Flughäfen im Streckennetz der Lufthansa Group eingespeist.

Dieter Vranckx ist der Chef der Swiss
Legende: Dieter Vranckx ist der Chef der Swiss. Er sagt, die Kosten der Ticketabgabe müsse die Fluggesellschaft selber tragen. Keystone/Archiv

Bei den Befürworterinnen und Befürwortern des CO2-Gesetzes kommen diese Aussagen nicht gut an. Der Solothurner Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt ist Mitglied im Ja-Komitee.

Stefan Müller-Altermatt ist Die-Mitte-Nationalrat
Legende: Stefan Müller-Altermatt ist Die-Mitte-Nationalrat und kontert, dass Flugticketabgaben alle Fluggesellschaften bezahlen müssten, die in die Schweiz fliegen. Keystone/Archiv

Müller-Altermatt sagt: «Vranckx macht ganz am Anfang seiner Überlegungskette einen Fehler, wenn er sagt, dass der Preiskampf zu gross sei und deshalb die Flugticketabgaben nicht überwälzt werden könnten. Die Flugticketabgaben bezahlen alle Fluggesellschaften, die in die Schweiz fliegen. Damit hat sie auf den Preiskampf eigentlich keinen Einfluss.»

In klimafreundliche Treibstoffe investieren

Im Zeitungsinterview bringt Vranckx noch ein zweites Argument gegen die Abgabe vor: Weil die Swiss die Abgabe selber zahlen müsse, sei sie kontraproduktiv. Am Ende fehle der Fluggesellschaft das Geld, um in klimafreundliche Treibstoffe zu investieren.

Das ist natürlich eine Ausrede, weil die Swiss bis heute überhaupt nicht in diese Technologien investierte.
Autor: Jürg Grossen GLP-Präsident

Dieses zweite Argument lassen die Befürworterinnen und Befürworter ebenfalls nicht gelten. So sagt Jürg Grossen, Präsident der Grünliberalen und ebenfalls im Ja-Komitee: «Das ist natürlich eine Ausrede, weil die Swiss bis heute überhaupt nicht in diese Technologien investierte.»

GLP-Präsident Jürg Grossen
Legende: Für GLP-Präsident Jürg Grossen ist klar, dass das CO2-Gesetz nötig sei, um neue Technologie wie klimafreundliche Rohstoffe voranzutreiben. Denn es entstehe ein Geldtopf, womit solche finanziert werden könnten. Keystone/Archiv

Grossen argumentiert: «Gerade durch die Flugticketabgabe wird ein Klimafonds im CO2-Gesetz eröffnet und daraus werden eben dann solche Investitionen in synthetische Treibstoffe ermöglicht. Gerade das CO2-Gesetz hilft, um diese Technologie vorwärtszubringen.»

Dass die Fluggesellschaften keine Freude daran haben, wenn ihre Flüge teurer werden, ist verständlich. Am 13. Juni wissen wir, ob die Massnahme die Mehrheit der Stimmbevölkerung überzeugt.

HeuteMorgen, 18.05.2021, 06:00 Uhr

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