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Einstige Zukunftstechnologie Wieso das Versprechen von Metaverse unerfüllt geblieben ist

Metaverse ist von einem Begriff, der in aller Munde war, zu einem vergessenen Konzept geworden, das von der KI verdrängt wurde. Was bleibt von der einstigen Vision einer grossen virtuellen Parallelwelt von Zuckerberg und Co.?

Im Jahr 2021 beschlossen Facebook, das erste grosse soziale Netzwerk, und sein Gründer Mark Zuckerberg, den Namen des gesamten Unternehmens in «Meta» zu ändern. Dieser Identitätswechsel war eine klare Anspielung auf das Metaverse, das zu diesem Zeitpunkt die Zukunft der Technologie und unseres digitalen Lebens zu repräsentieren schien.

Der Hype von damals ist verflogen. Heute wird das Metaverse sogar auf der offiziellen Website von Meta nur am Rande erwähnt.

Für den italienischen Soziologen Stefano Bory ist der Fall klar: «Es war eine grosse Marketingkampagne, die auf einer sehr mächtigen Rhetorik aufgebaut war und Erwartungen weckte, die vielleicht im Vergleich zu den tatsächlichen technologischen Möglichkeiten des Moments unverhältnismässig waren.»

Bory hat sich im Rahmen eines Forschungsprojekts intensiv mit dem Metaverse befasst. Er ist Professor für Soziologie der kulturellen und kommunikativen Prozesse und Forscher an der Universität Federico II in Neapel. «Das Metaverse wurde als eine Art ‹gelobtes Land› präsentiert», betont er, «eine neue digitale Welt, die bewohnbar, immersiv und eine Alternative zur alltäglichen Realität sein sollte. Aber in Wirklichkeit hat es diese Welt nie gegeben.»

Virtuelle Welten, in denen das Spiel dominiert

Am Geld kann es nicht gelegen haben. Von 2021 bis heute hat Meta über 40 Milliarden Dollar in diesen Sektor investiert. Aber das Ergebnis war laut Bory nicht ein einziges grosses Metaverse, sondern eine Konstellation kleiner virtueller Welten: Apps, Spiele, immersive Erfahrungen, digitalisierte Museumsräume. «Diese Welten kommunizieren jedoch nicht miteinander, sie bilden kein integriertes Ökosystem. Es sind virtuelle ‹Zimmerchen›, ‹kleine Plätze› oder auch ‹Tanzsäle›, aber jeder ist in seinem eigenen Bereich eingeschlossen.»

Ein Besucher an einer Elektronikfachmesse in Las Vegas (USA) beteiligt sich an einer Aktivität im Metaverse.
Legende: Spass haben in der virtuellen Welt: Stand einer Metaverse-Plattform an einer Elektronikfachmesse in Las Vegas (USA). EPA/Caroline Brehman

Wo die Technologie der virtuellen Realität (kurz VR) hingegen konkretere Anwendungen gefunden habe, sei die Welt der Unternehmen und der Arbeit. In der Medizin zum Beispiel, für die Simulation chirurgischer Eingriffe, auch in der Zahnmedizin.

Und vor allem bei den Videospielen. «Spiele sind der fruchtbarste Boden, um mit diesen Technologien zu experimentieren und sie weiterzuentwickeln», erläutert Bory. «Und Meta hat stark auf vernetzte und interaktive Spielerfahrungen gesetzt, bei denen sich Hunderte, manchmal Millionen von Spielern weltweit in gemeinsamen virtuellen Umgebungen treffen.» Spiele wie Fortnite oder Minecraft seien bereits als virtuelle Welten strukturiert.

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Ein nicht zu unterschätzender Faktor, der zum Boom von Metaverse beigetragen hatte, war die Pandemie. Kaum hatte die nachgelassen, sprach alles von Künstlicher Intelligenz. Der Niedergang von Metaverse sei darum weniger ein Scheitern des Konzepts an sich, als das Ergebnis zweier zusammenwirkender Faktoren, lautet das Fazit von Bory: «Einerseits der Wunsch der Menschen, nach einer langen Zeit der Isolation zum realen Leben zurückzukehren; andererseits die Notwendigkeit für Unternehmen, durch Investitionen in künstliche Intelligenz wettbewerbsfähig zu bleiben. Diese beiden Dynamiken haben sich miteinander verflochten und das Metaverse in den Hintergrund gedrängt.»

Rendez-vous, 13.6.2025, 12:30 Uhr;liea

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