Russische Staatsangehörige, die in der Schweiz leben, haben zunehmend Schwierigkeiten, ihre Bankkonten zu führen. Denn die entsprechenden Finanzinstitute wählen aufgrund der internationalen Sanktionen gegen den Kreml einen immer restriktiveren Ansatz. Diese Erfahrung machte ein in der Schweiz lebendes Paar, bei dem ein Partner russischer Staatsangehöriger ist.
Gegenüber dem Westschweizer Radio und Fernsehen RTS erklärte der Betroffene, er habe eine Überweisung an eine Bank in sein Herkunftsland tätigen wollen, wo noch ein Teil seiner Familie lebt.
Seine Bank, die vermutlich durch diese Überweisung alarmiert wurde, führte Überprüfungen durch. Das Kreditinstitut konnte sich vergewissern, dass er der Regierung nicht nahestand. Trotzdem wurde sein Konto gekündigt.
Hohe Compliance-Kosten
Diese Vorgehensweise überrascht Philipp Fischer nicht. Der auf Bankrecht spezialisierte Anwalt der Genfer Kanzlei Lenz & Staehelin sieht darin vor allem eine strategische Entscheidung:
«Die Banken stellen fest, dass diese Kundengruppe sehr hohe Compliance-Kosten verursacht, weil verstärkte Prüfungen notwendig sind – insbesondere um sicherzustellen, dass über diese Konten keine Sanktionen umgangen werden.»
Der Anwalt begründet diese Kontenschliessungen zudem mit der Einhaltung nicht nur schweizerischer, sondern auch ausländischer Sanktionen, «die nicht unbedingt denselben Umfang haben wie die Schweizer Sanktionen».
Schliesslich ortet er in solchen Situationen ein «umfassenderes Reputationsrisiko» für eine Bank, weshalb manche Institute darauf verzichteten, diese Kundschaft zu behalten.
Kein automatisches Recht auf ein Bankkonto
Nach der Kontoauflösung müssen diese Kunden folglich ein anderes Finanzinstitut finden, das bereit ist, sie aufzunehmen. Das kann sich als schwierig erweisen, denn in der Schweiz besteht kein Recht auf ein Bankkonto, wie Carlo Lombardini erläutert. Der Rechtsanwalt und Bankrechtsprofessor an der Universität Lausanne führt aus:
«Der Personenkreis, dem in unserem Land ein Bankkonto verweigert wird, wird immer grösser – sei es, weil die Konten nicht ausreichend bedeutend sind oder weil sie Geschäfte betreffen, die die Bank als zu riskant einstuft wie etwa internationalen Handel. Das ist problematisch, denn ohne Bankkonto sind sie aus dem Wirtschafts- und Gesellschaftsleben ausgeschlossen.»
Ohne Bankkonto sind sie aus dem Wirtschafts- und Gesellschaftsleben ausgeschlossen.
Im Gegensatz zur Schweizer Praxis besteht in der Europäischen Union ein Recht auf ein Basiskonto. Carlo Lombardini verweist auf Frankreich: Dort muss die Zentralbank ein Kreditinstitut benennen, das verpflichtet ist, das Geld anzunehmen.