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Schlupflöcher bei Sanktionen Ukraine macht Druck auf Schweizer Banken

Der ukrainische Premier wirft Schweizer Banken vor, die Russland-Sanktionen umgehen zu wollen. Die Finma hat keine Hinweise.

Mit den mutmasslichen Kriegsverbrechen in Butscha erhöht sich den Druck auf die EU, auch auf die Schweiz. Die Forderung nach neuen Sanktionen gegen Russland wird lauter. Das zeigte sich zum Beispiel am Montagbend an einer Veranstaltung der Universität Zürich.

Dort äusserten sich der ukrainische Premierminister Denys Shmyhal und der ukrainische Botschafter. Und sie sehen vor allem die Schweizer Banken in der Pflicht. Mit einer aufgezeichneten, gut inszenierten Videobotschaft und eindringlichen Worten wandte sich der Premierminister der Ukraine an die Zuhörerinnen und Zuhörer im Saal der Uni Zürich.

Bankiervereinigung weist Vorwürfe zurück

Shymal forderte, die russische Kriegsmaschinerie müsse gestoppt werden. Er habe Kenntnis davon, dass gewisse Schweizer Banken die Sanktionen zu umgehen versuchten, so der ukrainische Premierminister. Konkrete Namen von Geldinstituten nannte er keine, die Vorwürfe bleiben unbelegt.

Denys Shmyal neben dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski
Legende: Denys Shmyal (rechts, neben dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski) fordert Schweizer Banken auf, die Russland-Sanktionen strikt zu befolgen. Keystone

Zu den Vorwürfen des ukrainischen Premierministers teilt die Schweizer Bankiervereinigung auf Anfrage von SRF News mit: «Die Schweizer Banken halten sich strikt an die geltenden Gesetze und Vorschriften und setzen die Sanktionen von schweizerischen, internationalen und supranationalen Gremien um. Die Schweizer Banken verfügen über umfassende Kontrollen und Prozesse, um die Einhaltung sicherzustellen.»

Botschafter bekräftigt Kritik

Etwas diplomatischer als Shymal drückte es der ukrainische Botschafter in der Schweiz, Artem Rybchenko, aus. Er lobte vor Ort an der Universität Zürich die grosse Unterstützung und Solidarität der Schweizer Politik. Aber auch Botschafter Rybchenko sieht Mängel bei einigen Akteuren im Finanzbereich.

Es gebe in den nächsten Tagen ein wichtiges Treffen und die Schweizer Banken müssten aufpassen, dass sie nicht auf der falschen Liste landeten, so Rybchenko. Ohne auszuführen, was er damit genau meint. Schweizer Banken dürften nicht Geld über andere Länder transferieren, so der ukrainische Botschafter in der Schweiz.

Die Ukraine macht mit markigen Worten Druck: Die Schlupflöcher in den Sanktionen gegen Russland müssten gestopft werden. Was die genauen Vorwürfe und welche Banken die Adressaten sind – diese Fragen blieben unbeantwortet.

Finma-Direktor: «Banken nehmen Thema sehr ernst»

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Finma-Direktor Urban Angehrn.
Legende: Keystone

An seinem ersten grossen Auftritt vor den Medien befasste sich der neue Direktor der Finanzmarktaufsicht (Finma), Urban Angehrn, ausführlich mit den Risiken, die der Krieg in der Ukraine für die Finanzindustrie mit sich bringt. Dazu zählen massgeblich Risiken für die Reputation der Banken. Er äusserte sich auch zu der Bemerkung des ukrainischen Premierministers, wonach die Ukraine Hinweise habe, dass Schweizer Banken die Sanktionen gegen Russland zu umgehen versuchten.

Diesbezüglich sei sein Anspruch klar, sagte Angehrn: «Die Branche muss ihre Geschäfte einwandfrei führen. Dazu gehört, dass Sanktionen eingehalten werden.» Allerdings: Die Finma habe keine Hinweise, dass die Banken die Sanktionen unterlaufen würden. Die Finanzinstitute seien im Umgang mit solchen Sanktionen auch bereits geübt – von anderen, früheren Fällen her. Sie hätten die notwendigen Kontrollen im Geschäft installiert.

Auf die Frage, wie die Finma die Einhaltung der Sanktionen überprüfe, meinte Angehrn: «Ich kann Ihnen versichern: In unserem Dialog mit dem Banken haben wir festgestellt, dass die Banken dieses Thema sehr ernst nehmen.» Aber natürlich seien solche Sanktionen eine komplexe, anspruchsvolle Angelegenheit. Vor allem, wenn deren Umfang stark zunehme – wie nun durch den Ukraine-Krieg. (Jan Baumann)

SRF 4 News, 05.04.2022, 9:34 Uhr

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