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Illegale Transaktionen Monero: Eine Kryptowährung entzieht sich jeglicher Kontrolle

Die Kryptowährung Monero ermöglicht Terrorfinanzierung und den Handel mit kinderpornografischem Material im Darknet.

Das Ziel von Monero war von Anfang an klar: Die Kryptowährung will komplette Anonymität garantieren. Die Währung wurde vor elf Jahren von einer Handvoll Informatikern ins Leben gerufen, die unter Pseudonymen in einem Bitcoin-Forum agierten.

Bis heute ist unklar, wer hinter den Pseudonymen steckt. Klar ist jedoch, dass Monero durch die Anonymisierung sämtlicher Transaktionsdetails mit den Jahren zur bevorzugten Währung für Kriminelle im Darknet wurde.

Die Währung der Kriminellen

In der Schweiz wurde Monero kürzlich im Zusammenhang mit dem Fall der Paketbomben in Genf erwähnt. Der Verdächtige, der mit diesen Sprengsätzen das Uhrenunternehmen Patek Philippe zu erpressen versuchte, wollte in Monero bezahlt werden.

Auch der Islamische Staat verwendet Monero. Die Terrorgruppe bietet die Kryptowährung als Zahlungsmittel für Spenden an.

Anonym und nicht rückverfolgbar

Diese Problematik wird vom Bundesamt für Polizei als Bedrohung eingestuft. «Die Identifizierung und Überwachung verdächtiger Transaktionen bleibt schwierig, insbesondere durch den Einsatz von Ano­nymi­sierungs­tech­nologien», heisst es in einem Bericht, der 2024 veröffentlicht wurde.

Die RTS-Recherche zu Monero mit deutschen Untertiteln:

Tatsächlich scheint es bislang niemandem gelungen zu sein, Monero zu knacken und Zahlungen bis zur Quelle zurückzuverfolgen.

«Kriminelle werden weiterhin Monero-Code entwickeln»

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Die Entwicklergemeinschaft von Monero reagierte nicht auf Anfragen von RTS. Einer der ursprünglichen Entwickler, Riccardo Spagni, äusserte sich jedoch zur Kritik.

Er glaubt, dass Verbote nichts bringen: «Technologien zum Schutz der Privatsphäre zu verbieten, ist wie Strassen zu verbieten, weil Kriminelle manchmal zu schnell fahren. Kriminelle werden den quelloffenen Monero-Code weiterentwickeln und untereinander tauschen, während europäische Bürger ein wichtiges Werkzeug zum Schutz ihrer Privatsphäre verlieren. Europa riskiert, Innovation und qualifizierte Jobs in freundlichere Rechtsräume zu verlieren.»

Spagni verurteilt die Nutzung von Monero für kriminelle Zwecke, insbesondere durch Pädokriminelle, als abscheulich und moralisch verwerflich. Doch seiner Meinung nach habe die überwältigende Mehrheit der Monero-Transaktionen nichts mit Kriminalität zu tun.

Er verweist auf das Tor-Projekt, das sich dem Schutz der Privatsphäre verschrieben hat und Spenden in Monero akzeptiert – auch von Unterstützern in repressiven Staaten.

Auch Europol stand kürzlich vor diesem Problem: im Rahmen einer Grossrazzia, bei der eine kinderpornografische Plattform im Darknet mit 1.8 Millionen Nutzenden zerschlagen wurde.

Laut Thomas Goger, Staatsanwalt der Generalstaatsanwaltschaft im deutschen Bamberg, wurde Monero für einige Zahlungen auf dieser Plattform verwendet. Doch diese Informationen konnten nicht durch das Knacken der Anonymisierungsfunktionen gewonnen werden, sondern dadurch, dass «in Einzelfällen» gewisse Zahlungen bestimmten Verdächtigen hätten zugeordnet werden können, wie Goger berichtet.

Regulatorische Einschränkungen von Kryptowährungen

Weltweit sind zahlreiche Massnahmen ergriffen worden, um den Einsatz von Monero zur Geldwäsche zu verhindern. Auch in der Schweiz.

Das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen erklärt gegenüber dem Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS): «In der Schweiz sind anonyme Wallets gemäss Geldwäschereigesetz verboten. Die Sorgfaltspflichten verlangen, dass die Vertragspartei und der wirtschaftlich Berechtigte identifiziert werden.»

Akademische Forschung zu Monero

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Mehrere Schweizer Hochschulen haben zu Monero geforscht. An der ETH Lausanne versuchte ein Team, ein Anonymisierungssystem für private Authentifizierungsschlüssel in die Monero-Blockchain zu integrieren – das Projekt wurde 2022 eingestellt.

Das Blockchain-Forschungszentrum der Universität Zürich analysierte Moneros Peer-to-Peer-Netzwerk, um potenzielle Verbesserungen des Protokolls und der Sicherheit zu identifizieren.

«Ziel ist nicht, Anonymität für illegale Zwecke zu ermöglichen, sondern diese Systeme zu verstehen und datengestützte politische Entscheidungen zu fördern», sagt Professor Claudio Tessone.

Auch an der Universität Bern forschte der Doktorand François-Xavier Wicht zu Monero und präsentierte seine Ergebnisse 2023 an der Monerokon. Er betont: «Währungen mit hoher Anonymität haben einen schlechten Ruf wegen krimineller Nutzung. Aber sie können auch Menschen in autoritären Staaten helfen, wo jede Banktransaktion überwacht wird.»

Diese Forschung erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Institut für Zivilrecht der Universität Bern. Ziel sei es, die Privatsphäre zu schützen und Missbrauch wie Geldwäsche zu verhindern, sagt die Kommunikationsverantwortliche Nathalie Matter.

Auch das Europäische Parlament verabschiedete kürzlich ein entsprechendes Gesetz: Ab Juli 2027 dürfen Banken, Finanzinstitute und Anbieter von Krypto-Dienstleistungen in der EU keine anonymen Kryptowährungskonten mehr halten.

«Ziel ist es, Schlupflöcher zu schliessen», erklärt der EU-Abgeordnete Damien Carême. Viele Krypto-Börsen haben Monero-Transaktionen eingeschränkt – manche Plattformen haben sie ganz verboten.

Monero gegen Überwachung

Diese Massnahmen haben jedoch kaum Auswirkungen auf die Monero-Community. Sie entwickelt den Code weiter und trifft sich jährlich zur Konferenz Monerokon.

Seit 2023 findet diese in Prag statt und zieht Anarchisten, Aktivistinnen für die Internetfreiheit und Forschende an – darunter auch Schweizer, wie den Ex-Präsidenten der Piratenpartei, Alexis Roussel.

Dieser sagt: «Monero ist eine Ver­schlüsselungs­tech­nologie, und wie jede dieser Technologien wird sie manchmal missbraucht. Aber letztlich ist der gesellschaftliche Nutzen positiv.»

RTS 19h30, 25.5.2025, 19:30 Uhr; sten

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