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Kampf gegen Stromengpass Nur jedes zweite Kraftwerk beteiligt sich an Stromreserve

Seit 2022 sind Wasserkraftwerke dazu angehalten, eine Notreserve für den Winter zu halten. Das war Teil des Plans des Bundesrats, um in der Schweiz eine Energieknappheit zu verhindern. Die Hälfte der Wasserkraftwerke hat sich jedoch nie an dieser Massnahme gegen den Strom-Blackout beteiligt.

Das System der Wasserkraftreserve für den Winter funktioniert nicht so gut, wie es sich der Bund und die Politik erhoffen. Obwohl der Kampf gegen einen Stromengpass von öffentlichem Interesse ist, fühlen sich nicht alle Wasserkrafterzeuger in der Pflicht, einen Beitrag dazu zu leisten.

Die Hälfte der Wasserkraftwerke des Landes hat noch nie angeboten, auch nur einen Liter ihres Wassers in Reserven zu lassen. Das hat Radio und Fernsehen der französischsprachigen Schweiz (RTS) mithilfe eines Gesuchs gemäss dem Öffentlichkeitsgesetz herausgefunden. Insbesondere im ersten Jahr, als die Gefahr einer Energieknappheit am grössten war, stellten die grossen Stromproduzenten nur sehr wenig Wasser zur Verfügung.

Diese Feststellung wirft Fragen auf, zumal die meisten Stromkonzerne mehrheitlich im Besitz der öffentlichen Hand sind. «Die Eigentümer dieser Staudämme, mehrheitlich die Kantone, machen Geschäfte und schauen nicht auf die Notwendigkeit des Landes, der Bevölkerung und der Wirtschaft», erklärt Nationalrat Bruno Storni (SP/TI) gegenüber RTS. «Wir haben die Staudämme bezahlt, aber sie gehören uns nicht mehr. De facto ist es ein Geschäft für die Kantone.»

Lukratives System

Die Wasserkraftreserve wird jeweils mit Auktionen geschaffen. Die Unternehmen, die sich daran beteiligen, erhalten für ihren Strom meist einen Preis, der über den marktüblichen Tarifen liegt. Und es handelt sich um die günstigsten Angebote, da die teuersten im Auktionsverfahren aussortiert werden.

Es ist also kein Zeichen von Nächstenliebe, wenn die Wasserkraftunternehmen auf die Nutzung eines Teils ihres Wassers verzichten. Im ersten Jahr wurde die Axpo, der grösste Energieproduzent des Landes, dafür kritisiert, dass sie zu sehr hohen Preisen geboten hatte. Und das, obwohl der Bund gerade zugestimmt hatte, dem Unternehmen vier Milliarden Franken zu leihen.

Mit «dialog» einen Blick über die Sprachgrenzen werfen

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Dieser Artikel erschien zuerst auf Französisch bei RTS und wurde von der «dialog»-Redaktion übersetzt. Die Originalversion können Sie auf  RTS  lesen.

«dialog»  ist das Angebot der SRG, das mit Debatten und dem Austausch von Inhalten Brücken baut zwischen den Sprachregionen in der Schweiz und den Schweizerinnen und Schweizern im Ausland.

«Ich bin nicht überrascht, denn hier gilt die Wettbewerbslogik», sagt Nationalrat Benjamin Roduit (Mitte/VS) und Präsident von Swiss Small Hydro, dem Dachverband der Kleinwasserkraftwerke. «Wenn man Reserven anlegt, kann man keine Kilowattstunden ins Netz einspeisen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt auf dem Markt sehr attraktiv sein können.»

Die Wasserkraftreserve hat den Stromunternehmen bereits 350 Millionen Franken eingebracht, ohne dass sie jemals aktiviert werden musste. Dieser Betrag wird ausschliesslich von den Konsumentinnen und Konsumenten über die Stromrechnungen, finanziert – mit etwa 1 Rappen pro Kilowattstunde. Das hat mit dazu beigetragen, dass die Energiepreise in den letzten Jahren so angestiegen sind.

Systemwechsel beschlossen

Ab dem Winter 2025/2026 werden alle Staudämme verpflichtet sein, eine Reserve an Wasser zurückzuhalten. Das sieht das neue Energiegesetz vor, das vom Stimmvolk im Juni angenommen worden ist.

Offen ist, zu welchem Preis dies geschehen soll. Definiert wird das in der Verordnung, die sich derzeit in der Vernehmlassung befindet. Die Stromunternehmen dürften die Gelegenheit nutzen, sich dazu zu äussern.

SRF1, 09.08.2024, 12:30 Uhr;lehl

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