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Kritik an hohen Kosten Gegen Stromengpass: Pflichtlager statt Wasserkraftreserve

Die Energieministerin führte die Wasserkraftreserve ein, damit in der Schweiz im Winter die Lichter nicht ausgehen. Jetzt kommt daran Kritik auf, ausgerechnet aus den eigenen Reihen.

Als Bundesrätin Simonetta Sommaruga letzten Herbst vor die Medien trat, hatte sie gute Nachrichten dabei. Der Bund werde eine Wasserkraftreserve ausschreiben, eine Art Notreserve. Dank dieser sollte die Schweiz durch den Winter kommen, ohne dass die Lichter ausgehen.

Konkret verpflichten sich die Stromproduzenten einen Teil ihres Wassers als Reserve zurückzuhalten. In einer Mangellage könnten sie dann aus diesem Wasser Strom herstellen und so einen Engpass für eineinhalb bis zu drei Wochen überbrücken. Kostenpunkt: knapp 300 Millionen Franken.

Es stört mich, dass wir diese Reserve so teuer bezahlen müssen.
Autor: Bruno Storni SP-Nationalrat aus dem Tessin

Zu teuer, findet der Tessiner SP-Nationalrat Bruno Storni: «Es stört mich, dass wir diese Reserve so teuer bezahlen müssen.» Denn bezahlt werden diese 300 Millionen Franken von den Stromkonsumentinnen und Stromkonsumenten. «Ein Teil dieser Stromspeicher sollte der Landesversorgung zur Verfügung stehen», fordert Storni. Er hat deshalb einen Vorstoss eingereicht, in dem er verlangt, Strom ähnlich wie Öl zu behandeln.

Keine neue Idee

Denn beim Öl sind Händler, die Mineralöl im grösseren Stil importieren, verpflichtet, einen Teil ihrer Tanks als Pflichtlager zu führen. «Diese Pflichtlager sind in rund 50 Tankanlagen über die ganze Schweiz verteilt», sagt Andrea Studer, Geschäftsführerin des Verbandes Carbura, der diese Pflichtlager für Öl koordiniert. Keine neue Idee, das System gibt es schon seit dem Zweiten Weltkrieg.

«Pflichtlager sind eine Pflicht, und eine Pflicht wird immer als mühsam betrachtet. Aber solange eine Pflicht für alle gilt, ist sie auch akzeptiert. Aus meiner Sicht funktionieren diese Pflichtlager hervorragend», sagt Andrea Studer.

Säulengrafik
Legende: srf

Diese Öl-Pflichtlager decken den Bedarf der Schweiz für rund 4.5 Monate ab. Sie kosten die Konsumentinnen und Konsumenten sechs Franken pro Kopf und Jahr respektive 54 Millionen Franken. Zum Vergleich: Die Wasserkraftreserve kostet 300 Millionen Franken. Damit liesse sich die Schweiz für maximal drei Wochen mit Strom versorgen.

Teuer ist die Stromreserve deshalb, weil die Stromproduzenten quasi zu Marktpreisen entschädigt werden. Beim Öl hingegen bezahlen die Konsumentinnen und Konsumenten lediglich die Lagerkosten.

Stausee.
Legende: Blick auf den Stausee Lago di Lei. KEYSTONE / Gian Ehrenzeller

Der Tessiner SP-Nationalrat Bruno Storni fordert jetzt analog quasi ein Pflichtlager für Strom. Dann müssten die Konsumentinnen und Konsumenten dafür nur noch einen Bruchteil über den Strompreis daran zahlen. Welche Chancen sein Vorschlag hat, ist offen. Er scheint aber breit abgestützt, denn unterschrieben haben Ratsmitgliedern von den Grünen bis zur SVP.

Kommission: Erleichterung für Nachtarbeit bei Strommangellage

Box aufklappen Box zuklappen

Schweizer Unternehmen sollen im Fall eines Energiemangels ihre Angestellten einfacher in der Nacht und am Sonntag einsetzen können. Das findet nach dem Ständerat auch die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrats (WAK-N). Mit 14 zu 10 Stimmen beantragt die Kommission dem Nationalrat die Annahme einer Motion von Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger (Mitte/LU), wie die Parlamentsdienste mitteilten.

Die Kommissionsmehrheit argumentiert laut Communiqué, dass eine vorausschauende Vorbereitung der gesetzlichen Grundlagen nötig sei. Dies, damit der Bundesrat in einer Krisensituation nicht auf seine notrechtlichen Kompetenzen zurückgreifen müsse.

Eine Minderheit will keine Aufweichung des Arbeitsgesetzes und befindet die jetzigen Möglichkeiten für Nacht- und Sonntagsarbeit für ausreichend.

Während einer Energiemangellage könne es für Unternehmen nötig sein, die Arbeiten dann zu erledigen, wenn sonst kein grosser Energieverbrauch vorhanden sei, erklärt die Luzerner Ständerätin im Motionstext ihren Vorstoss. Bei der Beratung im Ständerat sagte Gmür-Schönenberger, das Sonntags-Arbeitsverbot solle nicht unterlaufen werden. Ihr sei der Sonntag heilig. Es gehe aber darum, für Unternehmen Planungssicherheit zu schaffen und Arbeitsplätze zu sichern. Der Ständerat stimmte dem Vorstoss Mitte Dezember mit 22 zu 11 Stimmen bei 9 Enthaltungen zu.

Tagesschau, 31.01.2023, 19:30 Uhr

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