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Lieferung von Kampfflugzeugen Auch die F-16 dürften keine Wende zugunsten der Ukraine bewirken

Die ersten F-16-Kampfjets sind in der Ukraine eingetroffen. Die von den westlichen Verbündeten gelieferten Flugzeuge aus amerikanischer Produktion sollen dabei helfen, die russische Luftüberlegenheit zu brechen. Doch es gibt noch manche Hindernisse zu überwinden.

Zweieinhalb Jahre nach Beginn des Krieges hat die Fähigkeit der ukrainischen Armee deutlich abgenommen, russische Angriffe aus der Luft abzuwehren. In Kiew sind die Hoffnungen darum gross, dass die neu zur Verfügung stehenden F-16-Kampfflugzeuge eine Wende bewirken werden. Denn diese Flugzeuge sind mit modernstem Gerät ausgestattet.

Experten sehen das weniger euphorisch. Hunter Stoll, ein auf Verteidigungsfragen spezialisierter Analyst der Beratungsfirma Rand Corporation, sagte gegenüber der «New York Times», Moskau habe genug Zeit gehabt, seine eigene Verteidigung entlang der Frontlinie vorzubereiten. «Die F-16 und ihre Piloten werden auf sehr grossen Widerstand der russischen Luftabwehr stossen, sowohl am Boden als auch in der Luft.»

Ein ukrainischer Offizier steht Wache bei einem frisch gelieferten F-16-Kampfflugzeug.
Legende: Ein ukrainischer Offizier steht Wache bei einem frisch gelieferten F-16-Kampfflugzeug. Keystone/Efrem Lukatsky

Auch die Zahl der Piloten könnte unzureichend sein. Nach Schätzungen ukrainischer und amerikanischer Verantwortlicher dürften bis Ende Jahr in den verschiedenen Ausbildungszentren in den Niederlanden, Dänemark und den USA nur 20 Piloten ausreichend für die F-16 geschult worden sein. Wenn man davon ausgeht, dass in der Regel zwei Piloten pro Flugzeug benötigt werden, dürfte die Ukraine bis Ende 2024 nur zehn dieser Kampfflugzeuge einsetzen können. Ein weiterer limitierender Faktor ist das Bodenpersonal, das in der Lage sein muss, Wartungsarbeiten an diesen Kampfflugzeugen durchzuführen.

Auch die Zahl der bereitgestellten Flugzeuge ist ein Problem. Vier Länder haben die Lieferung von F-16-Kampfflugzeugen an die Ukraine angekündigt: die Niederlande (24 Exemplare), Dänemark (19), Norwegen (6) und Belgien (30). Das macht insgesamt 79 Flugzeuge. Bis der Ukraine alle diese Jets zur Verfügung stehen, wird es allerdings noch dauern. Bis Ende des Jahres werden gemäss Informationen der Agentur Bloomberg erst 20 geliefert sein.

Zunächst vor allem defensive Aufgaben

Auch der Flugzeugtyp wird in Militärkreisen infrage gestellt, denn es handelt sich nicht um die neuesten F-16-Modelle. «Sie sind kaum besser als Mig-29», zitierte die französische Zeitung «Le Figaro» eine Quelle aus dem ukrainischen Militär. «Die F-16 werden den Verlauf des Krieges nicht ändern.»

Nur wenn es der Ukraine gelingt, ihre F-16 am Boden zu schützen, kann sie diese effektiv einsetzen, um feindliche russische Flugzeuge abzuwehren. Die ukrainische Regierung ist sich des Risikos bewusst. General Sergi Golubtsow, der Kommandant der ukrainischen Luftwaffe, erklärte, dass einige Flugzeuge auf Stützpunkten ausserhalb der Ukraine stationiert werden könnten, um als Reserve zu dienen. Kiew hat ausserdem vor einigen Monaten mit dem Bau von unterirdischen, verbunkerten Hallen begonnen, in denen Kampfflugzeuge parkiert werden sollen.

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Dieser Artikel erschien zuerst auf Französisch bei RTS und wurde von der «dialog»-Redaktion übersetzt und gekürzt. Die Originalversion können Sie auf  RTS lesen.

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Die F-16 sollen also zunächst vor allem defensive Aufgaben übernehmen. Damit sie näher der Front eine offensivere Rolle spielen können, muss die Ukraine zunächst systematische Arbeit leisten und russische Radaranlagen und Luftabwehrsysteme zerstören. Damit hat die Ukraine bereits begonnen und war stellenweise erfolgreich, wie auf der Krim. Das ist jedoch aufgrund des dichten russischen Verteidigungsnetzes sehr zeitaufwendig.

Krieg in der Ukraine

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Echo der Zeit, 4.8.2024, 18 Uhr

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