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Migration NGOs setzen auf neue Strategien für Rettungen im Mittelmeer

Rettungsaktionen von Geflüchteten im Mittelmeer werden immer komplexer. Während die Anzahl der Menschen in Not steigt, werden die Umstände für Nichtregierungsorganisationen schwieriger und gefährlicher. Darum entwickeln sie neue Strategien für die Seenotrettung.

Die «Ocean Viking», das Flaggschiff von SOS Méditerranée, hat in zehn Jahren über 42'000 Menschen gerettet. Gleichzeitig gibt es immer wieder Angriffe auf das Schiff. So meldete die NGO im Sommer, dass ihr Schiff von der libyschen Küstenwache angegriffen worden sei.

Worauf die NGOs neu setzen bei der Seenotrettung (dt. Untertitel)

Um die Sicherheit der Schiffe zu erhöhen, startete die NGO nun ihren ersten Überwachungseinsatz mit einem Flugzeug, das auf der italienischen Insel Lampedusa stationiert ist. «Unsere Teams stehen vor einer enormen Herausforderung, insbesondere im Hinblick darauf, in einem grösseren Gebiet rund um die humanitären Schiffe zu patrouillieren.» Das erklärt Eliott Guy, der Geschäftsführer der NGO, gegenüber dem Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS).

Das Flugzeug ermögliche zudem die Datenerfassung. «Im Mittelmeer gibt es immer weniger Überwachungsoperationen durch europäische Organisationen», so Guy. Man agiere zunehmend im Blindflug. Die neue Strategie mit der Luftunterstützung habe sich bereits bewährt. «Wir haben ein Boot entdeckt, das auf keinem Radar war und sofort gerettet werden konnte.» 

Neue Bootstypen

Neben dem Flugzeug setzen NGOs auch auf einen neuen Schiffstyp. So bereitet die Organisation Ärzte ohne Grenzen Einsätze mit einem kleineren, schnelleren Ambulanzschiff vor. Damit wollen sie die restriktiveren italienischen Gesetze umgehen, die die Regierung von Giorgia Meloni seit 2023 erlassen hat.

Ein klarer Rechtsrahmen, aber restriktive Praktiken

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Für Vincent Chetail, Direktor des Zentrums für globale Migration am Graduate Institute of International and Development Studies (IHEID) in Genf, ist der rechtliche Rahmen eindeutig: Es bestehe eine Rettungspflicht, ein Verbot der Zurückweisung und die Pflicht, Geflüchtete im nächstgelegenen sicheren Hafen an Land zu bringen.

Das Problem liegt laut Chetail im «sehr restriktiven Verhalten nationaler Behörden, das NGOs zwingt, sich anzupassen». Er kritisiert die Tatsache, dass NGOs heute Aufgaben übernähmen, die eigentlich Staaten erledigen müssten, dabei aber auf immer grössere Hindernisse stiessen.

Er fordert zudem, dass Europa als Ganzes Verantwortung übernimmt. «Es ist nicht Aufgabe von NGOs oder gar Italien oder Malta allein, das Problem zu lösen. Die Europäische Union muss ambitionierte und gemeinsame Massnahmen ergreifen.» Konkret verweist er auf die Operation Mare Nostrum, die bis 2014 lief.

In Frankreich verabschiedete die Nationalversammlung im Januar eine Resolution zur Schaffung einer europäischen Rettungsflotte. Ihre Umsetzung würde jedoch eine Harmonisierung der Migrationspolitik erfordern, während der aktuelle Trend eher in Richtung Abkommen mit Drittstaaten geht.

 

Zu diesen Gesetzen gehört die Praxis der «abgelegenen Häfen». Dies erlaubt den italienischen Behörden, Rettungsschiffe zu den weiter entfernten nördlichen Häfen umzuleiten. Eine weitere Einschränkung besteht darin, dass Schiffe pro Einsatz nur eine Rettungsaktion durchführen dürfen. Halten sich die Organisationen nicht daran, drohen ihnen Sanktionen, wie zum Beispiel die Beschlagnahmung ihres Schiffes.

Zunahme der Vorfälle

Das frühere Schiff von Ärzte ohne Grenzen wurde von den Behörden deshalb 160 Tage festgesetzt und benötigte weitere 163 Tage auf See, um weiter entfernte Häfen zu erreichen. Das Ziel bleibe jedoch auch mit dem kleineren Schiff dasselbe: «Leben zu retten, medizinische Nothilfe zu leisten und über die Gewalt berichten, der die Menschen im Meer vor Libyen, in ihren Herkunfts- und Transitländern ausgesetzt sind», betont Rositsa Atanasova, Koordinatorin für humanitäre Angelegenheiten bei Ärzte ohne Grenzen.

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Sie kritisiert «einen starken Anstieg der Abfangmanöver, erzwungenen Rückführungen und Vorfälle, insbesondere durch libysche Akteure». Die NGOs verurteilen ausserdem Verstösse gegen das internationale Seerecht, die Menschenrechte und die Rechte von Flüchtlingen.

RTS; Tout un monde; 17.11.2025; 8:13 Uhr;liea

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