US-Präsident Donald Trump steht beispielhaft für die Rhetorik des Nullsummendenkens. Es zeigt sich in Argumenten wie: geht ein Job an eine Migrantin, bedeutet das eine Stelle weniger für einen US-Bürger. Oder: Was in Asien produziert wird, kann nicht in den USA produziert werden.
Auch in der Schweiz ist die Vorstellung verbreitet, dass eine Gruppe nur gewinnt, wenn eine andere verliert. Während ein Drittel glaubt, Wohlstand könne für alle wachsen, folgt für knapp 30 Prozent der Schweizer Bevölkerung der Erwerb von Wohlstand einer Nullsummenlogik. Dies geht aus einer Studie der Universität Basel hervor, die auf der nationalen SRG-Umfrage «Wie geht’s, Schweiz?» basiert.
Diese 30 Prozent Zustimmung für das Nullsummendenken überrascht Kelly Liu, Co-Autorin der Studie, weil «die Schweiz ein reiches Land ist, das bereits relativ lange ein Wirtschaftswachstum erlebt hat». Unerwartet ist für die Forscherin auch, dass die Denkweise in allen Bevölkerungsgruppen anzutreffen ist, egal welchen Alters oder Geschlechts und welcher Ausbildung oder Sprache.
Über Parteigrenzen hinweg
Nullsummendenken lässt sich auch nicht einer bestimmten politischen Partei zuordnen. Zwar ist es im linken Spektrum häufiger zu finden, verbunden mit den Forderungen nach mehr Umverteilung und einer höheren Besteuerung von Vermögen.
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Aber gemäss der Studie gibt es in der Anhängerschaft jeder Partei einen Anteil von Menschen, die der folgenden Aussage zustimmt: «Die Menschen können nur auf Kosten ihrer Mitmenschen reich werden.» Ebenso gibt es in allen Parteien einen Anteil, der die entgegengesetzte Meinung vertritt: «Wohlstand kann so wachsen, dass genug für alle da ist.»
Nullsummendenken gibt es also quer durch die politische Landschaft – und somit gibt es ein Potenzial dafür, dass entsprechende politische Forderungen weit über die Parteigrenzen hinweg Zustimmung finden.
«Hier scheint es neben der klassischen Einteilung in links und rechts eine zweite Dimension zu geben», sagt Professor Alois Stutzer, Co-Autor der Studie. Diese beziehe sich auf die Vorstellung der Menschen, wie die Welt funktioniert.
Macht Nullsummendenken unglücklich?
Die Studie untersuchte auch den Zusammenhang zwischen Nullsummendenken und Zufriedenheit. Das Resultat: Menschen, die diese Denkweise stark teilen, sind mit ihrem Leben weniger zufrieden. Über die Gründe für diesen Zusammenhang könne nur spekuliert werden, sagen die Studienautoren, das Ausmass sei aber bedeutend.
Weitere Forschung wünschen sich Stutzer und Liu im Bereich der politischen Instrumentalisierung des Nullsummendenkens. «Akteure im politischen Prozess können versuchen, diese Weltsicht der Wählenden auszunutzen und für ihren Vorteil zu instrumentalisieren», sagt Stutzer.
So könnten Politikerinnen beispielsweise ein Nullsummen-Narrativ des Welthandels für die Rechtfertigung einer protektionistischen Handelspolitik verwenden, um damit quer durch die politische Landschaft Unterstützung zu gewinnen. Oder sie können versuchen, eine «Wir gegen sie»-Mentalität zu fördern, um bei Wählenden beliebter zu werden und Gegner zu diffamieren.