«Wladimir Putin, unser Präsident, ist der Beste. Und Russland ist das Beste.» Das sagt Yelena gegenüber dem Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS). Sie engagiert sich für die humanitäre Hilfe zugunsten der russischen Bevölkerung im ukrainischen Donbass. «Aus irgendeinem Grund lernen die Menschen im Westen, uns zu hassen. Ich verstehe nicht, warum. Wir haben niemandem etwas Böses getan.»
Ihre 14-jährige Tochter Nastasia ist Mitglied der Junarmija, einer patriotischen Jugendorganisation, die 2016 von der Regierung gegründet wurde und fast zwei Millionen Mitglieder zählt. «Ich bin stolz auf ihren Patriotismus», sagt Yelena. «Man wird nicht als Patriot geboren. Patriotismus muss man kultivieren, man muss ihn nähren.»
Sehen Sie die Reportage von RTS zum Patriotismus in Russland:
Die Junarmija ist eine der Speerspitzen der konservativen Politik der russischen Regierung. In diesem Jahr hat der Kreml das Budget der Organisation verdoppelt. Von Europa und von den USA ist sie mit Sanktionen belegt und als extremistisch eingestuft worden.
Propaganda per Videospiele
Es ist nicht das einzige Instrument, das Russland einsetzt, um junge Menschen für seine Sache zu gewinnen. Für den Kreml sind Videospiele zu einem neuen ideologischen Schlachtfeld geworden.
Ende März wurde ein vom Verteidigungsministerium unterstütztes Spiel über den Krieg in der Ukraine veröffentlicht. «Squad 22: Zov» bietet die Möglichkeit, die Schlachten im Donbass oder die Belagerung von Mariupol nachzuerleben. Die Vorpremiere des Spiels war den Jugendlichen der Junarmija vorbehalten.
Am 9. Mai war die Atmosphäre in den Strassen Moskaus militärisch und patriotisch. Es war der Tag des Sieges über den Nationalsozialismus vor 80 Jahren. «Wenn ich diese jungen Menschen sehe, habe ich Vertrauen in meine Zukunft und in die Zukunft meines Landes», sagt Alexandr bewegt, während er die Parade der Soldaten beobachtet, die in der Ukraine kämpfen. Er ist Geschäftsmann und handelt mit Düngemitteln.
Wenig wirksame Sanktionen
Dieses vom Patriotismus beflügelte Land scheint fest entschlossen, dem Westen den Rücken zu kehren und will eine widerstandsfähige Wirtschaft zur Schau stellen. In Moskau sind die Terrassen und Geschäfte voll. Chanel, Dior, Rolex: die Luxusmarken sind immer noch da. McDonald's hat lediglich seinen Namen geändert. Alle Patrioten wie Alexandr bestätigen: Die neuen, von Europa beschlossenen Sanktionen beunruhigen sie nicht.
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«Die Wirtschaft ist wie eine Flüssigkeit, sie findet immer einen Weg», meint er. «Wenn sie denken, dass die Auswirkungen der Sanktionen dazu führen werden, dass die Russen weinend auf die Knie fallen und um Entschuldigung betteln, verstehen sie unsere Mentalität nicht. Je mehr Druck du auf uns ausübst, desto mehr Widerstand erhältst du.»
Trotz dieses zur Schau gestellten Patriotismus gibt es einige Russen, die sich der offiziellen Linie widersetzen. «Die meisten jungen Leute hier haben eine andere Meinung als das, was die Propaganda sagt», sagt eine junge Kundin in einer angesagten Bar in Moskau. Aber im Russland von Wladimir Putin, wo ein Wort zuviel ins Gefängnis führen kann, zeigt sich der Widerstand nur noch in Looks und Tattoos.