Portugal leidet unter einem Fachkräftemangel. Es fehlt an jungen Erwerbstätigen. Um dem entgegenzuwirken, wurde 2019 das Programm «Regressar» geschaffen. Es soll jüngere ausgewanderte Portugiesinnen und Portugiesen ins Land zurückholen.
Dazu bietet der Staat den Rückkehrwilligen einerseits eine finanzielle Unterstützung, die je nach Familie bis zu 15'000 Euro betragen kann, andererseits eine Kreditlinie für Unternehmensinvestitionen sowie einen fünfzigprozentigen Steuerrabatt während fünf Jahren.
Genau das motivierte Antonio Duarte, in seine Heimatstadt im Norden Portugals zurückzukehren. Der Geschäftsführer eines Werbeunternehmens arbeitete neun Jahre lang im Kanton Waadt. Er und seine Frau, beide in den Dreissigern, sowie ihre Kinder werden in einigen Monaten, nach Abschluss der Renovierungsarbeiten, in ihr neues Haus ziehen können.
Der Bericht von RTS mit deutschen Untertiteln:
«Als unser zweiter Sohn geboren wurde, merkten wir, dass es teuer ist, zwei Kinder in der Schweiz grosszuziehen», berichtet Duarte gegenüber dem Westschweizer Radio und Fernsehen (RTS). «Wir konnten uns dort nicht auf die Hilfe unserer Familie verlassen und haben daher beschlossen, nach Portugal zurückzukehren. Hier sind die Kinder glücklicher.»
Bescheidene Wirkung
Für Liliana Azevedo, eine schweizerisch-portugiesische Soziologin, hat «Regressar» vor allem eine symbolische Bedeutung. Der Fokus liege auf der Rückkehr; die Kehrseite, die Auswanderung, werde verschleiert.
Azevedo weist darauf hin, dass seit dem Start des Programms über 63'000 portugiesische Staatsangehörige in die Schweiz ausgewandert sind. In die entgegengesetzte Richtung profitierten nur 4000 Personen von den Rückkehrhilfen des Staats.
«Wenn ich mit den Leuten spreche, merke ich, dass es nicht dieses Programm ist, das die Entscheidung beeinflusst», betont Azevedo. «Die Menschen, die es nutzen, haben bereits entschieden, nach Portugal zurückzukehren.»
Auswanderung weiter hoch
Das Ziel des Programms sei bisher nicht erreicht worden. «Es sind nicht die Leute, die in der Schweiz im Bauwesen arbeiteten, die nun in Portugal im Bauwesen arbeiten. Genauso wenig ist das bei Spitälern oder im Gesundheitswesen der Fall», führt die Soziologin weiter aus. «Diese Personen wandern weiterhin ab, gerade wegen der geringen Karrierechancen und der niedrigen Gehälter.»
Das Programm «Regressar» werde von der Regierung als Erfolg verkauft. «Dabei ist es nur ein kleiner Anstoss für diejenigen, die zurückkehren wollen. Es löst jedoch die Probleme der portugiesischen Wirtschaft nicht», lautet Azevedos Fazit.
Auch Pensionierte sollen profitieren
Vitor Gabriel Oliveira, der in Frankreich lebende Präsident des Europäischen Rats der portugiesischen Gemeinschaften, möchte hingegen das Rückkehrprogramm sogar noch ausweiten. Er fordert, dass auch Rentnerinnen und Rentner in den Genuss der Rückkehrhilfen kommen müssten.
«Das würde soziale Gerechtigkeit schaffen», betont Oliveira. «Diese Menschen haben einen Grossteil ihres Lebens im Ausland verbracht und das portugiesische Hinterland verlassen. Sie könnten diese dünn besiedelten Regionen revitalisieren, indem sie ihre Renten, die weniger besteuert würden, in die portugiesische Wirtschaft einbringen.»