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Preiskampf um die Asche Tessiner Krematorien werben in Norditalien mit Billigangeboten

Tessiner Krematorien werben in Italien mit Schleuderpreisen. Die Folge: Im selben Ofen kann die Einäscherung einer Tessiner Leiche ein Drittel mehr kosten als die einer italienischen.

Für viele Gemeinden Norditaliens ist das nächstgelegene Krematorium im eigenen Land einige Autostunden entfernt. Die Anlagen im Tessin sind näher. Aber theoretisch auch teurer: Eine Einäscherung kostet rund 800 Franken pro Person.

Deshalb bieten die Tessiner Krematorien üppige Rabatte: In Lugano und Chiasso kann eine italienische Leiche beispielsweise bis zu 30 Prozent günstiger eingeäschert werden als eine aus dem Tessin.

Noch tiefere Preise bietet das Krematorium Carasso. Das Radio und Fernsehen der italienischsprachigen Schweiz (RSI) erhielt Einsicht in ein Angebot, das Transport, Einäscherung, Urne und Aschenrückgabe zu einem Schleuderpreis verspricht. So zahlen die Angehörigen nur noch rund 450 Franken.

Das Krematorium Carasso verteidigt die Tiefstpreise gegenüber RSI damit, dass in der Schweiz freie Marktwirtschaft herrsche.

Die Associazione Ticinese di Cremazione, welche die Anlagen in Lugano und Chiasso besitzt, begründet die Sonderangebote damit, dass aufgrund langjähriger Partnerschaften mit einzelnen italienischen Bestattungsunternehmen spezielle Bedingungen vereinbart wurden.

Fehlende Auslastung

Die Rabatte für Italien werden auch dadurch begründet, dass die Tessiner Krematorien nicht ausgelastet sind. Mit den jüngst eröffneten Krematorien in Chiasso und Carasso sowie denjenigen in Lugano, Bellinzona und Riazzino gibt es insgesamt fünf Krematorien für eine Bevölkerung von 360'000 Menschen. Jedes der Krematorien führt rund 700 Einäscherungen pro Jahr durch – einschliesslich italienischer Verstorbener.

Jenseits der Alpen liegt der Durchschnitt bei 2400 Einäscherungen pro Anlage.

Die hohen Betriebskosten werden auf die Einwohnerinnen und Einwohner des Tessins abgewälzt. Die 800 Franken pro Person sind der höchste Tarif der Schweiz. Der Landesdurchschnitt liegt bei rund 380 Franken pro Einäscherung.

Schweigen zu recyceltem Material

Neben den Sonderpreisen für Norditalien gibt es eine weitere Praxis, über die die Krematorien ungern sprechen: das Recycling metallischer Rückstände nach der Einäscherung.

Denn nicht alles im Ofen wird zu Asche. Nägel und Klammern der Särge, medizinische Implantate, Prothesen oder Schmuck, den die Verstorbenen trugen, überstehen die Verbrennung.

Ausschnitt der RSI-Reportage mit deutschen Untertiteln:

Diese Materialien schicken die fünf Tessiner Krematorien an eine spezialisierte Firma in den Niederlanden namens Orthometals.

Dort werden Edelmetalle wie Gold, Silber und Platin so aufbereitet, dass sie verkauft werden können.

Das Krematorium von Bellinzona ist die einzige Anlage, die ihre Einnahmen gegenüber RSI offengelegt hat. Sie erzielte damit allein im Jahr 2024 rund 12'000 Franken. Geld, das laut eigenen Angaben zurück in die Gemeindekasse fliesst.

Auch Lugano und Chiasso recyclen die metallischen Rückstände, schweigen jedoch zu den erzielten Einnahmen. Sie betonen, diese flössen in wohltätige Zwecke.

Riazzino und Carasso wollten gegenüber RSI nicht angeben, ob sie metallische Rückstände recyclen. Nach Informationen von RSI arbeiten jedoch auch sie mit Orthometals zusammen.

Basierend auf der geschätzten Zahl der Einäscherungen könnten die Einnahmen bei bis zu 70'000 Franken pro Jahr liegen.

Was die Verwendung der Erlöse betrifft, versichert Riazzino, dass alles gespendet werde. Carasso hingegen hat keinerlei Angaben gemacht.

 

RSI Patti chiari, 24.10.2025, 20:45 Uhr; sten

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