Jedes Jahr im September kommt dasselbe traurige Lied: Die Krankenkassenprämien steigen. Auch dieses Jahr dürften die Krankenversicherten in der Schweiz nicht verschont bleiben. Gemäss Schätzungen wird die Erhöhung für 2026 rund 4 Prozent betragen.
Was tun gegen den stetigen Anstieg der Gesundheitsausgaben? Der Ständerat und frühere Genfer Gesundheitsdirektor Mauro Poggia bringt eine neue Idee in die Diskussion ein: Ärzte und Ärztinnen sollen zu normalen Lohnbezügern werden.
So begründet Ständerat Mauro Poggia seinen Vorschlag:
«Das System der Einzelleistungsabrechnung ist offensichtlich ein Anreiz, die Behandlungen zu vervielfachen, auch wenn die Ärzte und alle Leistungserbringer dies bestreiten», argumentiert Poggia. «Man muss also das Paradigma ändern. Wir werden auf etwas zusteuern, was allen Angst macht: die Anstellung der Ärzte. So weiss man genau, was sie verdienen, und wenigstens wird man sie nicht verdächtigen, die Behandlungen einfach zu vermehren, um mehr zu verdienen.»
Der Lohn muss selbstverständlich attraktiv sein.
Der Vorschlag dürfte bei einer Berufsgruppe, die an ihrem freiberuflichen Status hängt, für heftigen Widerspruch sorgen. Aber Poggia glaubt, auf eine künftige Entwicklung zählen zu können: «Das wünschen sich junge Ärzte, die diese ganzen administrativen Schikanen der Krankenkassen satthaben. Sie möchten Patienten behandeln, ohne ständig die Sorge zu haben, sich für die Behandlungen rechtfertigen zu müssen, die sie empfehlen.»
Der Politiker nennt eine Zahl: «Der Lohn muss selbstverständlich attraktiv sein, er könnte bei 250'000 Franken pro Jahr beginnen und je nach Ausmass der Spezialisierungen und Verantwortlichkeiten steigen.»
Die freiberufliche Medizin infrage gestellt
Alain Vonlaufen ist ein vehementer Verfechter der freiberuflichen Medizin und des Unternehmertums. Er hat seine eigene Praxis in Genf, zusammen mit drei anderen Ärzten, und ist Co-Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Gastroenterologie. Seiner Ansicht nach würde sich mit Ärzten im Anstellungsverhältnis die Qualität der Behandlungen verschlechtern.
Es besteht ein grosses Risiko, eine Zweiklassenmedizin zu schaffen.
«Die staatliche Medizin hat ihre Wirksamkeit nicht bewiesen», betont Vonlaufen. «Wenn man ein wenig über unsere Grenzen hinausschaut, stellt man fest, dass es ein System ist, das nicht sehr gut funktioniert. Es besteht ein grosses Risiko, eine Zweiklassenmedizin zu schaffen.»
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Er räumt aber ein, dass der Tarifdruck auf die Ärzte ein Faktor ist, den es zu berücksichtigen gilt – vor allem mit Blick auf die nächste Generation von Ärzten, die mehr Lust darauf haben könnte, als Angestellte in einem Ärztezentrum oder in einer Privatklinik zu arbeiten, statt eine eigene Praxis zu eröffnen. «Da könnte es eine Veränderung geben, die kleinen Praxen könnten zugunsten grösserer Strukturen verschwinden», meint Vonlaufen. «Vielleicht steuern wir auf eine solche Entwicklung zu, aber es muss eine Evolution sein, keine Revolution.»