Als der ehemalige Nati-Fussballer Valon Behrami gefragt wurde, warum er bei der Nationalhymne nicht mitsinge, nannte er unter anderem als Grund, dass er sich den Text nicht merken könne.
Behrami befindet sich damit in guter Gesellschaft: Hierzulande können wohl nur die Wenigsten zumindest die erste Strophe auswendig.
Selbst der ehemalige Bundespräsident Moritz Leuenberger gab zu, dass er oft «nur die Lippen bewegte, weil ich die weiteren Verse nicht auswendig konnte».
Diese Aussage eines alt Bundesrats hätte Leonhard Widmer, dem Autoren des Textes, und Alberik Zwissig, dem Komponisten der Musik, nicht gefallen. Die beiden haben den Psalm in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts komponiert.
Konkurrenz durch einen Philosophieprofessor
Das Lied fand Anklang, verbreitete sich rasch und wurde schon bald bei nationalen Veranstaltungen gesungen. Bis es jedoch zur Nationalhymne wurde, sollten noch Jahrzehnte ins Land gehen.
Denn der Schweizerpsalm hatte einen Konkurrenten: «Rufst Du mein Vaterland», eine Komposition des Poeten und Philosophieprofessors Johann Rudolf Wyss.
Gott schütze den Schweizerpsalm!
Die beiden Texte waren sehr unterschiedlich. Der Inhalt der ersten Strophe des Schweizerpsalms lässt sich so zusammenfassen: «Die vom Morgenlicht erhellten Alpen flössen grossen Glauben ein und wecken den Wunsch, für das Vaterland zu beten.»
Das Gedicht von Wyss hingegen so: «Oh, wie gut, für das Vaterland kämpfend zu sterben! Ich hoffe, es geschieht mir, ich wünsche mir nichts Besseres.»
Je nach der Lage der Schweiz wurde die eine oder die andere Variante bevorzugt. 1961, als die Regierung aufgefordert wurde, einen Entscheid in dieser Angelegenheit zu treffen, bestimmte sie «Trittst im Morgenrot daher» zur Nationalhymne.
Diese provisorische Bestimmung galt 20 Jahre lang, bis der heutige Schweizerpsalm am 1. April 1981 auch rechtlich zur Nationalhymne wurde.
Die Änderungsversuche
Im Jahr 2004 brachte die damalige sozialdemokratische Nationalrätin Margret Kiener Nellen im Parlament einen Antrag zur Modernisierung der Hymne ein.
Sie war der Meinung, dass der Schweizerpsalm zu nationalistisch, zu kompliziert, zu bombastisch sowie frauen- und ausländerfeindlich sei. Wegen starken Widerstands im Parlament wurde der Antrag wieder zurückgezogen.
Rund zehn Jahre später versuchte es die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft (SGG) und schrieb einen Wettbewerb aus.
Der Autor des Siegertextes, der Aargauer Werner Widmer, ersetzte die religiösen Bezüge durch moderne Verfassungswerte.
Nun musste die SGG den Text lediglich noch im ganzen Land bekanntmachen. Ein durchschlagender Misserfolg.
Von den 2300 Gemeinden, die aufgefordert worden waren, die neue Hymne am Nationalfeiertag zu verbreiten, folgten nur etwa 20 dem Aufruf.
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Bis zum nächsten Änderungsversuch wird also der Schweizerpsalm bestehen bleiben. Denn auch wenn er nicht modern ist, widerspiegelt er die Schweiz und ihre Politik gut: Weil er ein langsames Tempo hat, und weil er jene Lösung darstellt, die die geringste kollektive Unzufriedenheit hervorruft.