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Gegnerin zur AHV-Revision Meyer: «Ich bin nicht bereit, unsere Mütter zahlen zu lassen»

Damit die Altersvorsorge nicht in finanzielle Schieflage gerät, brauche es eine Reform, argumentieren Bundesrat und Parlament. SP-Co-Präsidentin und Referendumsführerin Mattea Meyer hält dagegen.

Mattea Meyer

SP-Co-Präsidentin

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Mattea Meyer wurde 2015 in den Nationalrat gewählt. Zuvor war die Winterthurerin Gemeinde- und Kantonsrätin sowie Vize-Präsidentin der Juso Schweiz. Seit Oktober 2020 steht sie zusammen mit Cédric Wermuth an der Spitze der SP Schweiz.

SRF News: Wie würden Sie einer 12-Jährigen den Zustand der AHV erklären?

Mattea Meyer: Die Situation der AHV ist eigentlich gut. Sie hat im letzten Jahr einen Gewinn gemacht. Ich erkläre also einem 12-jährigen Kind, dass es Geld angespart hat und dies in ein Kässeli tun kann - ein Kässeli, in dem es genügend Geld hat.

Schon in drei Jahren wird die AHV wohl weniger einnehmen, als sie auszahlt. Trotzdem wollen Sie eine Reform verhindern, die das Sozialwerk stabilisieren soll. Wie rechtfertigen Sie das?

Das ist eine Rentenabbau-Vorlage auf Kosten der Frauen und der Ehepaare. Wir alle müssen mit einer Mehrwertsteuererhöhung mehr bezahlen für schlechtere Leistungen. Dagegen wehren wir uns.

Die monatlichen Renten werden wird nicht gekürzt. Und die Frauen in den Übergangsjahrgängen erhalten Kompensationen dafür, dass sie ein Jahr später in Pension gehen. Bis zu 1900 Franken pro Jahr.

Ein konkretes Beispiel: Eine Pflegefachfrau mit Kindern kann sich heute schon entscheiden, erst mit 65 in Rente zu gehen und erhält dafür eine höhere Rente. Sie verliert im Vergleich zu heute.

Offenbar sehen die Stimmberechtigten Reformbedarf. Eine Mehrheit sagt gemäss der ersten GFS-Umfrage Ja zur AHV-Revision.

Wenn es notwendig ist, eine Zusatzfinanzierung für die AHV zu machen, dann werden wir von der SP uns konstruktiv einbringen. Für eine Finanztransaktionssteuer zum Beispiel. Aber nicht für einen Rentenabbau, wie er jetzt auf dem Tisch liegt.

Ihr Parteikollege Pierre-Yves Maillard sprach von lügnerischen Zahlen, mit denen der Bundesrat Abstimmungskampf betreibe. Im Lead ist Alain Berset. Machen Sie auch Ihren Bundesrat verantwortlich?

Das Bundesamt für Sozialversicherungen musste die Zahlen optimistischer darstellen. Aber diese Schwarzmalerei der AHV, insbesondere von der bürgerlichen Seite, hat System. Die Banken und die Versicherungen machen mit der AHV kein Geld. Sie haben Interesse daran, den Menschen Angst zu machen, um ihre 3.-Säule-Produkte verkaufen zu können.

Aber nochmal: Im Lead ist bei dieser Vorlage Ihr Bundesrat. Und nicht die Banken.

Unser Bundesrat Alain Berset ist einer von sieben Bundesräten, die diese Vorlage ins Parlament gebracht haben. Und die Bürgerlichen haben dann noch Änderungen eingebracht.

Das tiefere Rentenalter für Frauen wurde mit der Begründung eingeführt, die Frauen seien das schwächere Geschlecht. Wäre es nicht Zeit, diesen antiquierten Unterschied abzuschaffen?

Es geht nicht um unsere Generation, sondern um die Generation unserer Mütter. Frauen, die ihr Leben lang «gechrampft» haben, die Kinder betreut haben. Die schlecht entlohnte Teilzeitjobs haben, jetzt vielleicht noch das Enkelkind betreuen. Und die einen Drittel weniger Rente haben als die gleichaltrigen Männer.

Dass sie ein Drittel weniger Rente haben, liegt aber an der 2. Säule und die wird separat reformiert. Wieso also die AHV blockieren?

Wir blockieren nicht die AHV. Wir haben vor fünf Jahren Ja gesagt zu einer Rentenaltererhöhung, weil es einen Rentenausbau bei der ersten Säule gegeben hat. Nun erhält jede Frau ein Jahr weniger Rente und das kostet sie 26'000 Franken. Obwohl wir alle wissen, dass diese Frauen so viel unbezahlte Arbeit geleistet haben. Gerade als junge Frau bin ich nicht bereit, unsere Mütter zahlen zu lassen.

Das Gespräch führte Larissa Rhyn.

Tagesschau um 18:00 und 10vor10, 22.08.2022 ; 

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