Darum gehts: In der Hektik kann schnell der eine oder andere Artikel vergessen gehen. Die Konsequenzen, wenn man erwischt wird, können happig sein. Für Aufsehen sorgte in den letzten Tagen ein Fall aus dem Kanton Aargau, über den zuerst die CH-Media-Zeitungen berichteten: Eine Frau hatte ein Gipfeli nicht bezahlt und soll dafür nun 600 Franken zahlen. Der Fall wirft ein Licht auf das Phänomen «Klaufen»: Davon spricht man, wenn die Grenzen zwischen dem Kaufen und dem Klauen verschwimmen.
Der Fall im Detail: Die Betroffene hatte an der Selbstbedienungskasse im Aldi Baden im Kanton Aargau gezahlt und wurde daraufhin vom Ladendetektiv angehalten. Das fragliche Gipfeli lag zwar im Einkaufskorb, war aber nicht auf der Quittung aufgeführt – Warenwert: 85 Rappen. Die Frau erklärte, sie habe das Gipfeli eingescannt, aber es sei offenbar ein Fehler passiert. Sie entschuldigte sich und bezahlte die 85 Rappen. Doch dabei blieb es nicht. Die Frau musste laut eigenen Aussagen noch in der Filiale ein Geständnis unterschreiben. Das Endergebnis: Hausverbot bei Aldi, eine Umtriebsentschädigung von 200 Franken, ein Strafbefehl mit Busse von 100 Franken und eine Strafbefehlsgebühr von 300 Franken.
Keine Seltenheit: Die Berichterstattung über Probleme beim Self-Scanning hat in den vergangenen zwei Jahren zugenommen – genauso wie die Anfragen beim Konsumentenschutz. Im November etwa machte eine Geschichte aus Genf die Runde. Dort hatte ein Mann in der Migros eine Einkaufstasche im Wert von 40 Rappen nicht gescannt: 200 Franken Busse waren die Folge. Nebst den Bussen sorgen auch die ständigen Kontrollen und Sicherheitsüberprüfungen für Kritik. In der SRF-Konsumentensendung «Espresso» etwa berichtete ein treuer Coop-Kunde jüngst, dass er schon mehrfach des Diebstahls beschuldigt worden sei und sich zunehmend unwohl fühle beim Einkaufen.
Kritik von der Konsumentenschützerin: Strafen wie jene im Fall der Frau im Kanton Aargau seien unverhältnismässig und widersprächen jeglichem Menschenverstand, sagt Sarah Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz. Rechtlich gesehen mache es einen grossen Unterschied, ob man einen Artikel absichtlich nicht gescannt habe oder nicht. «Wenn man etwas absichtlich nicht gescannt hat, dann hat man vorsätzlich gehandelt und es ist Diebstahl. Wenn man aber aus Fahrlässigkeit oder Unachtsamkeit etwas vergessen hat, dann ist es kein Diebstahl.»
Man ist nicht verpflichtet, zu kooperieren.
Möglichkeit der Anfechtung: Für den Fall, dass man kontrolliert werde, nachdem man vergessen habe, etwas einzuscannen, rät die Konsumentenschützerin, dies transparent zu machen. Stösst man dennoch auf Skepsis beim Gegenüber, sollte man darauf bestehen, dass die Polizei gerufen wird. «Man ist nicht verpflichtet, zu kooperieren.» Gegen einen möglichen Strafbefehl könne man Einspruch einlegen. Das müsse man sich aber gut überlegen, da man unter Umständen auf weiteren Kosten sitzen bleibe.
Veraltete Technologien: «Die Self-Scanning-Kassen in der Schweiz sind eigentlich sehr dumme Instrumente», sagt Sara Stalder. Die Verantwortung, keine Fehler zu machen, liege zu sehr bei der Konsumentin oder beim Konsument. Sie ruft die Detailhändler dazu auf, auf Systeme zu setzen, die im Ausland bereits in Einsatz kommen und die zum Beispiel das Gewicht des Einkaufes abmessen. Bis es so weit ist, dürfte der eine oder andere wohl weiterhin den sicheren Weg wählen – und an der bedienten Kasse bezahlen.