Als junge Frau in der Textilbranche gilt Annabelle Hutter als Exotin. Im Herbst 2022 übernimmt sie die Leitung der Firma Säntis Textiles AG mit Hauptsitz im Kanton Appenzell Ausserrhoden. Anders als in der Modewelt sind junge Unternehmerinnen in der Textilproduktion nicht oft gesehen. Das soll sich mit ihr ändern.
Grundsätzlich ist mein Ziel, die Textilindustrie wärmer und freundlicher zu machen. Momentan ist sie sehr männlich.
Aber nicht nur für mehr weibliche Energie in diesem Metier setzt sich die 27-Jährige ein. Die Mode soll nachhaltiger werden.
Nachhaltigkeit in den Genen
Vor ihr hatte Vater Stefan Hutter im Unternehmen das Sagen. Der 63-Jährige entwickelte eine Maschine, die aus Altkleidern und anderen Textilien wie Hotelhandtüchern zu hundert Prozent recycelte Garne und Stoffe herstellt. Diese Maschine ist weltweit einzigartig. Nun soll der Nachwuchs die Innovation vorantreiben. Die Firma hält ganz bewusst zu Annabelle und ihrem Nachhaltigkeits-Marketing, sagt der Unternehmer. «Das ist seit dem ersten Tag ihr Teil vom Kuchen. Und diesen macht sie jetzt hoffentlich grösser und nicht kleiner.»
Der Vater übernimmt weiterhin den technischen Part, während Tochter Annabelle sich um den kreativen Aspekt kümmert. Die Firma beliefert Marken wie Patagonia und Tommy Hilfiger mit den recycelten Materialien.
Inspiration aus dem Museum
Aufgewachsen ist Hutter in Taiwan, Malaysia, Singapur, China und Thailand. Mittlerweile lebt sie in Zürich – und fühlt sich wohl. Ist sie einmal nicht mit ihrer Firma beschäftigt, trifft man sie im Museum an. Ein Hobby, das sie auch für die Arbeit inspiriert. Die Theorien und Perspektiven der Kunst seien bei ihr immer präsent, erzählt die studierte Kunsthistorikerin.
Ein Beispiel ist der französische Maler Monet: «Man muss das grosse Bild sehen und nicht nur die kleinen Details. Das mache ich jetzt auch bei meiner Arbeit. Und das habe ich von der Kunst gelernt.» Der beste Weg für nachhaltige Mode ist, ihrer Meinung nach, die nachhaltige Produktion, vor allem aus rezyklierten Materialien. «Und das so, dass die Konsumentinnen und Konsumenten die Wiederverwertung gar nicht bemerken.» Das ist Annabelle Hutters Vision – und die verfolgt sie auch weiter.