Rebecca Pitsch ist heute Mutter eines viermonatigen Sohnes. Die 37-Jährige hatte zuvor zwei langjährige Beziehungen, bei denen der Kinderwunsch über zehn Jahre unerfüllt blieb. Die Liebe zerbrach zweimal am schwierigen Thema, welches belastende Hormonbehandlungen und eine Fehlgeburt mit sich brachte.
Durch Zufall stiess sie auf den Blog einer Solomutter . «Da entdeckte ich diesen Weg: Es gibt die Möglichkeit, Kinderwunsch und Partnerschaft zu trennen.»
Das Sperma bestellte sie in Dänemark, für die Behandlungen ging sie nach Deutschland. Dabei handelt es sich um eine sogenannte «Yes-Spende», bei der das Kind im Alter von 18 Jahren den Vater kontaktieren kann. Diese Variante ist teurer als die anonyme Spende, welche gegen das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung und damit gegen die UNO-Kinderrechtskonvention verstösst.
Um dieser Anonymität entgegenzuwirken, empfiehlt die Nationale Ethikkommission der Schweiz alleinstehenden Frauen den Zugang zur Samenspende zu ermöglichen.
Gegner dieses Familienmodells sehen im bewussten Vorenthalten des Vaters reinen Egoismus. Regula Lehmann setzt sich im Rahmen der Stiftung Zukunft CH für die klassische Kernfamilie ein. Ein-Eltern-Familien seien nach Scheidungen Realität, aber: «Wenn sich eine Frau für eine Samenspende entscheidet, dann fügt sie dem Kind absichtlich eine Vaterwunde zu. Darf man das, wo wir doch wissen, dass ein Vater für die Identitätsbildung so wichtig ist?»
Kinder brauchen viele und verschiedene Eindrücke, damit sie sich spiegeln können.
Auch Kinderpsychologin Sabine Brunner ist der Meinung, es brauche mehr als die Mutter. Verschiedene Bezugspersonen seien für ein Kind elementar: «Kinder brauchen viele und verschiedene Eindrücke, damit sie sich spiegeln können. Und dies von Menschen, die sie lieben und mit ihnen Zeit verbringen.» Ob genetisch verwandt oder nicht, sei allerdings zweitrangig.
Rebecca Pitsch hat sich schon im Vorfeld intensiv auf den Moment vorbereitet, in welchem sie mit ihrem Sohn seine Abstammung thematisieren wird: «Das ist zu wichtig, als dass ich es einfach auf uns zukommen lassen könnte.» Sie hat sich Fachliteratur und pädagogisch unterstützende Kinderbücher besorgt.
Zahlen, wie viele Frauen sich in der Schweiz für die Familienform «Single Mother by Choice» entscheiden, gibt es aufgrund der Gesetzeslage keine. Kliniken und Ärzte bestätigen aber eine wachsende Nachfrage.
Finanzielle Herausforderung
Der Weg zur alleinerziehenden Mutter war bei Rebecca Pitsch gut überlegt. Die Reise bis zum Wunschkind kostete gut 25'000 Franken. Sie hat eine komplizierte medizinische Vorgeschichte, musste Tests machen und bezog die nötigen Medikamente. Allein hätte sie das finanziell nicht stemmen können: «Meine beste Freundin hat mich grosszügig unterstützt. Sie hat die Behandlung erst möglich gemacht.»
Durch die heutigen Möglichkeiten sei die Diskussion, ob eine Samenspende rechtens sei oder nicht, obsolet geworden, sagt die Psychologin Susanne Brunner: «Die zentrale Frage ist: Wie kann man es so gestalten, dass die Kinder gut aufwachsen können?»
Rebecca Pitsch hat dafür ihr ganzes Umfeld miteinbezogen.