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Familiengeheimnis Samenspende Mein Vater, der Samenspender

Obwohl in der Schweiz Samenspender seit 2001 registriert sein müssen, ist es für Samenspender-Kinder immer noch schwierig ihren biologischen Vater zu finden. Oft wissen sie gar nichts von ihm.

Christoph Siegwart wird den Tag nie vergessen: Er bekam einen Brief, der sein Leben verändern sollte. Siegwart war in seiner Studentenzeit in den achtziger Jahren aktiver Samenspender. In einem Brief teilte ihm eine Organisation für Pflege- und Adoptivkinder mit, dass eines seiner Spenderkinder mit ihm Kontakt aufnehmen möchte. «Ich fiel aus allen Wolken», sagt er. «Irgendwie hatte ich immer gehofft, dass dies einmal passieren würde.»

Wichtig für die Identität

Kurze Zeit später trifft er sich mit seinem heute erwachsenen Sohn. Für beide ein bewegender Moment: «Dass ich ihn kennenlernen kann, ist für mich sehr befriedigend», sagt der Sohn Matthias Böni, «und es ist wichtig für meine Identität». Die Suche nach seinem biologischen Vater war keine leichte.

In der Zeit, als Matthias Böni gezeugt wurde, sorgten Kliniken und behandelnde Frauenärzte dafür, dass Spenderkinder nichts über die biologischen Väter erfahren. Die Eltern von Matthias Böni mussten eine Vereinbarung unterschreiben, in der steht, dass sowohl der Spender als auch der behandelnde Arzt anonym bleiben. Viele Familien lebten so jahrelang mit einem Geheimnis. Auch Matthias Böni: Erst vor wenigen Jahren erzählte seine Mutter ihm von der Samenspende. Ein schwieriger Moment – für die ganze Familie.

Veränderte Gesetzeslage

Seither suchte er nach seinem Vater – und hat ihn dank hartnäckiger Recherche gefunden. Eine wichtige Rolle spielte Diego Hagmann, der behandelnde Frauenarzt von damals. Er hatte gewisse Informationen zum Samenspender aufbewahrt: Zwar ohne Namen, aber mit Hinweisen, die bei der Suche halfen.

Warum mussten die Eltern überhaupt solche Anonymitätsvereinbarungen unterschreiben? «Wir hatten damals noch keine gesetzlichen Regelungen», sagt Diego Hagmann,  «und man wollte sich absichern, falls Ansprüche an den Arzt oder Samenspender gestellt würden. Das war damals ein juristisches Risiko.»

Heute darf ein Spenderkind bei Volljährigkeit den Samenspender kontaktieren. Solange die Eltern die Zeugung durch Samenspende verheimlichen, wissen die Spenderkinder jedoch nichts davon. Manche erfahren es erst, wenn sie zufällig in einer der vielen kommerziellen DNA-Datenbanken auf Halbgeschwister oder den Samenspender stossen. Christoph Siegwart und Matthias Böni haben sich ebenfalls angemeldet. Bisher blieben weitere Treffer aus.

SRF Rundschau, 03.05.2023, 20:05 Uhr

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