Wer Laura Hitz besucht, wird nicht nur von ihr, sondern auch von einigen Hunden empfangen. Darunter sind Japan-Spitze, Deutsche Spitze und ein Zwergspitz, die zusammen mit der 24-Jährigen, ihrem Partner und ihrer Mutter in einem kleinen Haus mit Garten im Zürcher Unterland leben.
Die Hunde sind Lauras Ein und Alles und noch viel mehr. Denn sie ist nicht nur Hundebesitzerin, sondern auch «Doghandlerin» – sie präsentiert die Hunde also auf Ausstellungen, an Schönheitswettbewerben für Vierbeiner, und das äusserst erfolgreich.
Rund zweimal pro Monat nimmt Laura an einer Ausstellung teil und reist dafür in ganz Europa herum, denn in der Schweiz gibt es lediglich drei davon – in Aarau, Luzern und in Genf.
«Aussenstehende verstehen nicht, weshalb ich das mache, man bekommt ja nichts, ausser ein paar Schleifen und Pokale», erzählt sie, während sie den Japan-Spitz «Onyx» bürstet und für die nächste Ausstellung bereit macht.
Und trotzdem: Gewinnt ein Hund, steigt auch sein Wert für die Zucht. Laura verbringt nicht nur viel Zeit auf Ausstellungen, sondern investiert auch in die Vorbereitung. Waschen, Föhnen, Kämmen – pro Hund dauert das rund eine Stunde.
Viele würden sich auch um die Hunde sorgen: «Ich höre dann: Das ist unnötig, die armen Hunde müssen den ganzen Tag im Ring herumlaufen.» Ihnen mache das aber genauso viel Spass wie ein Spaziergang. Das sähen viele nicht, sagt Laura. Doch Tierschutzorganisationen kritisieren genau solche Veranstaltungen immer wieder.
Glätteisen und Puder fürs Hundehaar
Nach der «World Dog Show» im Herbst 2023 veröffentlichte der Schweizer Tierschutz (STS) einen ausführlichen Bericht zur Veranstaltung und kritisierte unter anderem, dass die Tiere teilweise stundenlang in zu kleinen Unterbringungen hätten verharren müssen.
Ausserdem wurden laut STS Utensilien dokumentiert, wie beispielsweise Glätteisen fürs Haar, die darauf schliessen lassen würden, dass die Hunde übermässig zurechtgemacht wurden, was laut Vorschrift vom Bund nicht erlaubt ist.
Und schliesslich beobachtete der STS Hunde, die unter ihren extremen Zuchtmerkmalen gelitten hätten, aber zur Ausstellung zugelassen wurden. Dazu gehören brachycephale, also beispielsweise kurznasige Rassen, die sehr häufig mit Atembeschwerden kämpfen, oder Rassen mit besonders vielen und grossen Falten, die zu Hautentzündungen neigen.
Das Problem ist laut Tierschutzverbänden und vielen Veterinärmedizinern: Diese Tiere leiden unter ihren extremen Zuchtmerkmalen. Werden sie auf einer Hundeausstellung prämiert, bedeute dies, dass sie für die Zucht geeignet seien.
Ein Chow-Chow hatte extreme Probleme beim Atmen, keine Energie und man musste ihn im Ring hinterherziehen.
In den vergangenen zehn Jahren habe sich aber viel getan, sagt Julika Fitzi vom Schweizer Tierschutz, als sie Ende August über die Ausstellung in Luzern läuft. «Überall sind Schilder aufgestellt mit einem klaren Verhaltenskodex», erklärt sie. Und es sei erstmalig, dass Sachen aufgenommen wurden, die sie jahrelang kritisiert hätten. «Zum Beispiel, dass die Halsbänder einen Stopp haben müssen und die Hunde nicht so stranguliert werden dürfen.»
Dennoch habe sie auch an dieser Ausstellung in Luzern Missstände beobachtet und den Verantwortlichen gemeldet: «Ein Chow-Chow hatte extreme Probleme beim Atmen, keine Energie und man musste ihn im Ring hinterherziehen», erzählt Julika Fitzi.
Weiter habe sie einen Molosser gesehen, dessen Hinterbein lahmte. Beide Hunde seien prämiert worden, obwohl sie augenscheinliche Beschwerden gehabt hätten. Für Fitzi ist klar: «So ein Hund gehört für mich nicht in die Zucht.»
Verantwortliche weisen Kritik zurück
Melden Hundebesitzer ihren Vierbeiner für eine Ausstellung an, muss dieser vor dem Betreten des Geländes durch einen sogenannten Veterinär-Check. Wie kann es also sein, dass Hunde mit körperlichen Beschwerden trotzdem teilnehmen können?
Es ist die Pflicht der Veranstalterin beziehungsweise der Richtenden, Tiere von der Ausstellung wegzuweisen, die gesundheitliche Probleme aufweisen.
Barbara Müller, Ausstellungsverantwortliche der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft, sagt: «Wir haben 150 Hunde getestet, 14 haben den Vet-Test nicht bestanden.» Vom Chow-Chow mit erheblichen Atembeschwerden habe sie keine Kenntnis, diese Rasse sei aber vom Tierarzt der Veranstaltung überprüft worden.
So auch der Molosser: «Vermutlich war er da aber noch nicht lahm, sonst wäre er nicht zugelassen worden», so Müller. Ausserdem sei auch der Luzerner Kantonstierarzt Martin Brügger vor Ort gewesen.
Dieser bestätigt auf Anfrage von SRF die Möglichkeit, dass die Beschwerden erst nach dem Vet-Check aufgetreten sind, weist die Verantwortung aber zurück an die Veranstalterin: «Es ist die Pflicht der Veranstalterin beziehungsweise der Richtenden, Tiere von der Ausstellung wegzuweisen, die gesundheitliche Probleme aufweisen», sagt Martin Brügger.
Auffällige Rassen mit extremen Zuchtmerkmalen generell von der Veranstaltung auszuschliessen, sieht Barbara Müller nicht als Option. «So würden wir nur jene Züchter strafen, die sich wegen unserer Bedingungen die grösste Mühe geben.»
Leidenschaft steht im Vordergrund
Laura Hitz besitzt zwar keine Rassen, die besonders bekannt sind für ihre extremen Zuchtmerkmale, stellt aber jene anderer Besitzer aus. Für diese Tiere möchte sie keine Verantwortung übernehmen: «Das müssen die Richter entscheiden, dazu kann ich mich nicht äussern.»
Ihr geht es vor allem um die Leidenschaft. Eine Grenze sei dann für sie erreicht, wenn es dem Hund nicht mehr gefalle: «Dann muss der Hund auch nicht an eine Ausstellung mitkommen.»