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«Lüfteln» fürs Klima Feindbild Geländewagen – Klimaaktivisten machen Pneus platt

Sie wollen den SUV-Fahrern das Leben vermiesen. Nachts schleichen sich Umweltaktivisten in die noblen Stadtviertel und drehen dort die Ventile der Geländewagen auf. Ihr Vorwurf: SUVs würden zu viel CO₂ ausstossen. Nun fahndet die Polizei nach der Gruppe, die sich «Tyre Extinguishers» nennt.

Manche Autofahrende nerven sich enorm über sie. Die Aktivisten von «Tyre Extinguishers» schleichen sich an Geländewagen an und lassen Luft aus Pneus raus – um das Klima zu retten. Was bringt es – ausser einer Anzeige für die Täter und Ärger für die Wagenbesitzer? In Zürich haben wir die «Lüftler» gesucht und gefunden.

Geheimer Treffpunkt mit Vermummten

Der Treffpunkt bleibt bis zum Schluss geheim. Ein Aktivist holt das Rundschau-Kamerateam an einem Bahnhof ab und führt es zu einem Park in einem Villenviertel am Zürichberg. Dort kommt um Mitternacht eine Gruppe von sechs Klimaaktivisten zusammen. Die Vermummten haben sich zum Ziel gesetzt, an möglichst vielen Geländewagen die Luft aus den Pneus zu lassen.

«Wir machen das, weil die Politik versagt hat», sagt Gian, ein Aktivist, der in Wahrheit nicht so heisst. Sie wollen anonym bleiben. «SUVs sind schädlich fürs Klima und die Menschen. Sie sind unnötig und gefährlich. Deshalb ist es legitim, so zu reagieren.» Eine Frau zeigt uns Flugblätter mit einem Bekennerschreiben und Linsen in einem Plastiksack. Die Linsen wird sie auf aufgeschraubte Pneu-Ventile legen. Wenn die Ventilkappe zugedreht wird, drückt die Linse auf das Ventil – die Luft tritt aus.

Aktivistin: «Das tut gut»

Die Gruppe macht sich auf die Suche nach Geländewagen. Wir verfolgen das Geschehen aus Distanz. Die Gruppe spielt uns später ein Video zu. Zu sehen: Die Vermummten werden schnell fündig. Einer der Aktivisten hantiert jeweils an Ventilen herum, ein anderer steht Schmiere. 75 Autos legen sie in dieser Nacht lahm. «Das tut gut», sagt eine Aktivistin anschliessend. «Ich durfte ausdrücken, dass es mich stört, wenn Leute solche Autos fahren.» Wir fragen sie, ob es Ihnen egal ist, dass betroffene Autofahrende nun zum Beispiel nicht oder nur verspätet zur Arbeit können. Die Antwort: «Die Sache ist wichtiger.»

Die Polizei hat für solche Aktionen kein Verständnis. «Für uns ist das kein Lausbubenstreich», sagt Judith Hödl, Sprecherin der Stadtpolizei Zürich. «Wir ermitteln in solchen Fällen wegen Sachbeschädigung und Nötigung.» Sie rät den Geschädigten, Anzeige zu erstatten. «Nur so erfahren wir mehr über Muster und Vorgehensweisen. Das hilft bei der Ermittlung.»

SUV-Fahrer nervt sich: «Ökofaschismus»

Das hat Peter Künzler getan. Auch an seinem SUV wurde ein Reifen platt gemacht. Künzler ist Lehrer, sein Unterricht fiel den ganzen Morgen aus. «Man denkt an Ökofaschismus – das ist übergeordneter Wahn», schimpft er. «Sie verursachen nur Ärger und einen wirtschaftlichen Schaden.»

Die Aktivisten von «Tyre Extinguishers» (zu Deutsch: «Reifenlöscher») verfolgen die Taktik des zivilen Ungehorsams. Die Bewegung ist in Australien, den USA und weiten Teilen Europas aktiv.

Für den geschädigten SUV-Fahrer Peter Künzler ist es unverständlich, dass er bei der Polizei nicht direkt Anzeige gegen «Tyre Extinguishers» erstatten kann. In einem Bekennerschreiben, das an seiner Windschutzscheibe klebte, bekenne sich ja die Gruppe zur Tat, sagt Künzler. «Das geht nicht», sagt Polizei-Sprecherin Hödl. «Wenn wir die Tat keiner Person zuweisen können, ermitteln wir gegen Unbekannt.»

Gruppen, die nachts die Reifen von SUVs platt machen, gibt es auch in Basel. Dort sind sie ebenfalls in Quartieren unterwegs, wo teure Autos auf der Strasse stehen.

«Rundschau»

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Mehr zum Thema in der « Rundschau », am Mittwoch, um 20:05 Uhr auf SRF 1.

Rundschau, 22.11.2023, 20 Uhr

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