In der Modewelt herrscht Hochbetrieb – nicht nur auf den Laufstegen, auch in den Chefetagen. Ganze 15 Modehäuser tauschen ihre Chefdesigner aus. Darunter Gucci, Dior, Chanel: Bei Dior übernimmt der Designer Jonathan Anderson.
Bei Chanel übernimmt Matthieu Blazy. Bei Gucci soll Demna Gvasalia für frischen Glanz sorgen.
Dass der georgische Modedesigner Demna Gvasalia Gucci erneuern soll, passt ins Bild. Zuvor verwandelte der 44-Jährige DHL-Logos in Luxus und blaue Ikea-Taschen in begehrte Accessoires. Mode, die man sofort erkennt – und die sich wie ein Witz im Netz verbreitet.
Bei seiner letzten Show für Balenciaga im Juli trat Kim Kardashian ganz in Weiss, im Negligé, mit schwerem Pelzmantel auf. Ein Auftritt, der zeigt: Demna versteht das Handwerk – aber noch mehr versteht er den Hashtag.
Experte: Mode muss heute «instagrammable» sein
Das Stühlerücken beobachtet auch der Zürcher Modeexperte Jeroen van Rooijen: «Es sind viele Marken, die gerade ihre Chefdesigner auswechseln. Es fällt in eine Zeit, die für diese Marken sehr turbulent ist. Es läuft nicht mehr und entsprechend versuchen sie neues, frisches Blut zu holen.»
Wenn es nicht mehr hip ist, dann muss einer weg und der nächste ran.
Die Zahlen bestätigen das Bild: Kering, der Konzern hinter Gucci, meldet für 2025 einen Gewinneinbruch von über 40 Prozent, bei Gucci allein sanken die Umsätze um ein Viertel. Auch Branchenführer LVMH verzeichnet Rückgänge. Mit dem Druck auf die Bilanzen ändern sich auch die Anforderungen an die Kreativspitzen.
«Die Erwartung heute ist, dass sich Mode spektakulär präsentiert», erklärt Jeroen Van Rooijen. Mode müsse heute sehr «instagrammable» sein, also auf Social Media funktionieren. Das habe den ganzen Wechsel noch mal deutlich beschleunigt. «Wenn es nicht mehr hip ist, dann muss einer weg und der nächste ran.»
Weniger Schneider, mehr Popstars
Früher hiessen sie Karl Lagerfeld, Donatella Versace, John Galliano – Designer als Stars. Heute setzt man auf Figuren wie Pharrell Williams bei Louis Vuitton: weniger Schneider, mehr Pop-Ikone. Kurz: Es zählt nicht nur das Kleid, sondern auch Reichweite, Markenwert, Schlagzeilen. Die Branche verlangt nach Persönlichkeiten, die Trends setzen wie Popstars.
«Ich denke, das ist vielleicht auch heute irrelevant, ob ein Designer noch Stoffe drapieren und mit einer Schere hantieren kann», so van Rooijen. Es seien ganz andere Kriterien gefragt. «Heute muss man eben diese Klaviatur der Popkultur bedienen können. Das ist viel wichtiger, als einen schönen Schnitt auf den Tisch zu zaubern.»
Die Wechsel in den Chefetagen sind jetzt auf den Laufstegen angekommen. Die Modeschauen zeigen: Fashion muss erst im Feed passieren, bevor sie in den Schränken hängt. Wer das nicht liefert, wird vielleicht schon bald wieder ersetzt.