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140'000 Menschen betroffen Weiterhin Kämpfe zwischen Thailand und Kambodscha

In der Region mussten 140’000 Menschen in Sicherheit gebracht werden. Jetzt schaltet sich der UNO-Sicherheitsrat ein.

Das ist passiert: An der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha sind am Samstagmorgen den dritten Tag in Folge Kämpfe entbrannt. Mittlerweile gebe es eine neue Front weiter südlich, speziell in der thailändischen Provinz Trat, berichtete die Zeitung «Khaosod» unter Berufung auf das Militär. Beide Seiten warfen sich erneut gegenseitig vor, das Feuer eröffnet zu haben. Mittlerweile ist auch die thailändische Marine in den Konflikt involviert.

Militärfahrzeug mit Geschütz, umgeben von Rauch und Bäumen.
Legende: Eine thailändische mobile Artillerieeinheit feuert in Richtung Kambodscha, als sich die schlimmsten Kämpfe seit mehr als einem Jahrzehnt am zweiten Tag fortsetzen. REUTERS/Athit Perawongmetha

Zuspitzung in den letzten Tagen: Der seit Jahrzehnten schwelende Konflikt zwischen den beiden südostasiatischen Nachbarn war am Donnerstag eskaliert. Nach Schusswechseln an der Grenze hatte das thailändische Militär gemäss eigenen Angaben Kampfjets gegen kambodschanische Stellungen eingesetzt. Kambodscha reagierte mit Artilleriefeuer, auch auf Wohngebiete. Unter anderem wurden laut unterschiedlichen Medienberichten eine Tankstelle und ein Spital getroffen. Auch am Freitag war es zu schweren Gefechten gekommen. Thailand warf Kambodscha vor, auf zivile Gebiete geschossen zu haben. Kambodscha wiederum beschuldigte Thailand, Streumunition eingesetzt zu haben.

Die Opfer: Gemäss der Regierung in Bangkok ist die Zahl der Todesopfer in Thailand mittlerweile auf 14 gestiegen, darunter 13 Zivilisten. In Kambodscha seien bislang 13 Menschen ums Leben gekommen, darunter 8 Zivilisten, berichtete die Zeitung «Phnom Penh Post» unter Berufung auf das Verteidigungsministerium. Dutzende Menschen sind auf beiden Seiten verletzt worden. Thailand evakuierte nach eigenen Angaben fast 140’000 Menschen aus der betroffenen Region und verhängte in mehreren Gebieten das Kriegsrecht. 

Eindrücke aus Thailand nach dem Schusswechsel mit Kambodscha

Der Hintergrund: Beide Länder trennt eine mehr als 800 Kilometer lange Grenze, deren Verlauf noch in der Kolonialzeit festgelegt wurde. Die Regierungen in Bangkok und Phnom Penh interpretieren diese Grenzziehung aber unterschiedlich.

Kultstätte im Fokus und unter Beschuss

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Alter Tempel mit steinernen Säulen und einem einzelnen stehenden Mann.
Legende: Ein kambodschanischer Wächter steht vor dem Tempel Preah Vihear. (18.7.2012) Keystone/Preah Viheare

Im Zentrum des Streits steht der Tempel Prasat Preah Vihear (vermutlich aus dem 10. bis 12. Jahrhundert), der seit 2008 zum Weltkulturerbe der Unesco gehört und von beiden Ländern beansprucht wird.

Der umstrittene Tempel soll durch die Kämpfe Schaden genommen haben: «Die Attacken, die sowohl Artilleriebeschuss als auch Luftangriffe umfassten, haben die heilige Stätte, die für das kambodschanische Volk von immenser kultureller, historischer und spiritueller Bedeutung ist, schwer beschädigt», teilte das Kulturministerium in Kambodscha mit.

Verminte Grenze: Thailand wirft Kambodscha vor, kürzlich neue Landminen in dem umstrittenen Gebiet verlegt zu haben. Die Regierung in Phnom Penh bestreitet dies und erklärt, die Minen stammten aus dem jahrzehntealten Bürgerkrieg. Wer die aktuellen Kämpfe gestartet hat, ist derweil weiter unklar. Beide Seiten werfen sich vor, das Feuer eröffnet zu haben.

Drei Personen nachts auf einem überdachten Karren sitzend.
Legende: Menschen fliehen aus ihren Häusern nahe der thailändischen Grenze in der Provinz Oddar Meanchey, Kambodscha. Keystone/EPA/KITH SEREY

UNO schaltet sich ein: Der kambodschanische Ministerpräsident Hun Manet hatte noch am Donnerstag den UNO-Sicherheitsrat aufgefordert, dringend eine Sitzung zu dem «unprovozierten, vorsätzlichen und gezielten Angriff auf Kambodscha» einzuberufen. Das UNO-Gremium will am Freitagabend (MESZ) zu dem Thema zusammenkommen.

Kambodscha fordert Waffenruhe von Thailand

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Am Samstag hat Kambodscha ein sofortiges Ende der Feuergefechte an der Grenze zu Thailand gefordert. Der kambodschanische UNO-Botschafter Chhea Keo sagte nach einer Sitzung des UNO-Sicherheitsrates in New York: «Kambodscha forderte eine sofortige, bedingungslose Waffenruhe, und wir fordern auch eine friedliche Lösung des Konflikts.»

Thailand könne Kambodscha nicht glaubwürdig vorwerfen, das Land angegriffen zu haben, da dessen Armee nur ein Drittel so gross sei wie die Thailands, so Keo weiter. Zudem verfüge Kambodscha nicht einmal über eine voll ausgerüstete Luftwaffe.

Verhandlungen gefordert: UNO-Generalsekretär António Guterres forderte grösstmögliche Zurückhaltung beider Seiten. Die Probleme müssten im Dialog und im Geiste guter Nachbarschaft gelöst werden. Auch der Ministerpräsident von Malaysia, dessen Land in diesem Jahr der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN vorsteht, forderte umgehende Verhandlungen. «Frieden ist die einzige Option», sagte er. In der Zwischenzeit unterstützt der kambodschanische Premierminister den Vorschlag des malaysischen Premierministers für einen Waffenstillstand. Der thailändische Übergangs­minister­präsident ist gemäss eigenen Angaben ebenfalls zu Gesprächen bereit. Dem müsse aber ein Stopp der kambodschanischen «Militäroperationen» vorausgehen.

SRF 4 News, 25.07.2025, 5 Uhr ; 

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