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Deutscher Kanzler Scholz ist seit 100 Tagen im Amt
Aus Tagesschau vom 17.03.2022.
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100 Tage Ampel-Regierung Zeitenwende Ukraine-Krieg: Scholz kann Kanzler

100-Tage-Bilanzen sind im journalistischen Tagesgeschäft normalerweise etwas langweilig. Viel Gemecker, viel Besserwisserei, eine Liste mit Fehltritten von Ministern, mit Glück sogar schon ein Rücktritt im Kabinett. Und zum Schluss noch etwas Versöhnliches.

Bei Olaf Scholz ist alles anders. Streng genommen kann man auch keine 100-Tage-Bilanz schreiben. Sondern muss mit jenem Moment beginnen, als in Europa die Gewissheiten zerschmettert wurden. Am 24. Februar, als Putins Russland die Ukraine überfiel. Seit Hitlers Überfall auf Polen 1939 der erste Angriffskrieg in Europa auf einen souveränen Staat. Es ist Krieg.

Zeitenwende für die Welt – und Scholz

Am Sonntag, dem 27. Februar, tritt Scholz vor den Bundestag. Regierungserklärung. «Der 24. Februar 2022 markiert eine Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents. Mit dem Überfall auf die Ukraine hat der russische Präsident Putin kaltblütig einen Angriffskrieg vom Zaun gebrochen – aus einem einzigen Grund: Die Freiheit der Ukrainerinnen und Ukrainer stellt sein eigenes Unterdrückungsregime infrage. Das ist menschenverachtend. Das ist völkerrechtswidrig. Das ist durch nichts und niemanden zu rechtfertigen.»

War das Scholz? Es war Scholz. Sätze für die Geschichtsbücher. Eine Zeitenwende in der Weltgeschichte. Aber auch eine Zeitenwende für Olaf Scholz. Aus dem neuen Kanzler wurde ein Staatsmann. Seine Sätze nötigten auch der Opposition Respekt ab. Vor allem die CDU trägt den Kurs des Kanzlers, stichelt zwar ein bisschen, aber mehr aus Pflicht- und Rollenbewusstsein. Aber so richtig hart ran geht sie nicht. Wer hätte das vom neuen Fraktionschef Friedrich Merz gedacht, der immer gerne und sofort zum Zweihänder greift? Zeitenwende. Es ist Krieg.

Härtetest für die Regierung

Der Krieg ist ein Belastungstest für die ganze Regierung, nicht nur für Kanzler Scholz. Bisher hält das Band aus SPD, Grünen und FDP. Alle überschreiten Grenzen für das grosse Ganze. FDP-Finanzminister Lindner greift zur Giesskanne und will Tank-Rabatte für alle. Ein Liberaler! «Ordnungspolitisch würde sich Ludwig Erhard im Grabe umdrehen», spottete die Grüne Staatssekretärin Franziska Brantner im «Handelsblatt». Ludwig Erhard, Wirtschaftsminister in den Gründungsjahren der BRD, gilt als einer der Väter der sozialen Marktwirtschaft. Solche Eingriffe wären für ihn, dessen Maxime der freie Wettbewerb war, undenkbar gewesen.

Auch die Grünen müssen Kompromisse machen, gerade in der Energiefrage. Viele hehren Ziele des Koalitionsvertrags: Makulatur. Vielleicht braucht Deutschland die Energie aus Kohle doch länger. Hartes Brot. Immerhin ist es ein Gebot der Zeit, energiepolitisch unabhängiger zu werden – auf lange Sicht braucht es jetzt umso mehr neue Windräder.

Über allem schwebt Kanzler Olaf Scholz. Sitzt mit Putin am langen Tisch. Ist eine wichtige Stimme in der Nato, in der EU, bei den Staats- und Regierungschefs. Geht in Talkshows. Hat gute Umfragewerte. Klar, die Probleme werden nicht kleiner, viele Fragen bleiben: Wohin mit den Flüchtlingen? Woher das Geld nehmen, wenn die Krise lange anhält? Was, wenn sich der Ukraine-Krieg ausweitet? Aber nach dem 24. Februar hat Scholz gezeigt: Er kann Kanzler. Er ist angekommen.

Und wer genau war eigentlich Angela Merkel? Zeitenwende.

Stefan Reinhart

Stefan Reinhart

Leiter Ausland-Korrespondentinnen und -Korrespondenten

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Stefan Reinhart ist Leiter der Ausland-Korrespondentinnen und -Korrespondenten und Chef vom Dienst im Newsroom Zürich. Zuvor war er Deutschland-Korrespondent für SRF.

Tagesschau, 17.03.2022, 12:45 Uhr

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