Sogar bezüglich Rücktritt verbreiten die beiden alternative Wahrheiten. Präsident Donald Trump twittert, er habe John Bolton gefeuert. Sicherheitsberater Bolton twittert Minuten später zurück: Er habe den Rücktritt aus eigenem Antrieb eingereicht. Alphatier gegen Alphatier.
Es war das Alphatier, das Präsident Trump gefiel, als er Bolton im Frühling 2018 zu seinem Sicherheitsberater ernannte. Auch wenn er mit seiner neokonservativen Gesinnung nichts am Hut hatte. Regimewechsel in Ländern auf der anderen Seite des Erdballs sind nicht Trumps Ding – «America First» auch da.
Bald machten sich Differenzen bemerkbar
Bolton brachte aber Erfahrung mit und den Nimbus des harten Verhandlers. Und er war bezüglich Atomabkommen mit dem Iran auf derselben Linie wie der Präsident. Nur sechs Wochen nach seiner Ernennung zogen sich die USA aus dem internationalen Abkommen zurück.
Auch punkto Nordkorea schienen die beiden eine ähnliche Sprache zu sprechen: Trump drohte Kim Jong-un mit «fire and fury» – mit Feuer und Rage – Bolton warb im «Wall Street Journal» für einen militärischen Erstschlag gegenüber Nordkorea.
Doch schon bald machten sich Differenzen bemerkbar. Präsident Trump dürstete es bei Nordkorea nach medienwirksamen diplomatischen Erfolgen; Bolton waren derartige Annäherungen an die frühere «Achse des Bösen» suspekt. Bolton trieb den Plan einer Militärintervention in Iran voran – Präsident Trump stoppte das Vorhaben vor laufender Kamera.
Stilles Mobbing endet mit Rausschmiss
Und so hatte der gewiefte Stratege John Bolton solange Einfluss im Weissen Haus, wie er Einfluss hatte. Die «Washington Post» berichtete kürzlich, der Sicherheitsberater sei effektiv von den Verhandlungen mit den Taliban ausgeschlossen geworden. Das stille Mobbing endete gestern mit dem Rausschmiss. Aussenpolitisch wird sich deswegen nicht viel ändern – in der US-Diplomatie gibt es schon länger bloss ein Alphatier.