Laut humanitärem Völkerrecht sind Landminen – genauso wie die ebenfalls verbotenen Streubomben – illegale Waffen. Denn sie dienen nicht dazu, gezielt militärische Gegner auszuschalten. Vielmehr fallen ihnen hauptsächlich Zivilisten zum Opfer. Ganz besonders spielende Kinder. Das macht den Einsatz dieser Waffengattung besonders tückisch.
Der aktuelle Landminenbericht liefert einen erschütternden Auftakt für das Treffen der Unterzeichnerstaaten des Ottawa-Abkommens kommende Woche in Den Haag. Das Abkommen verbietet Einsatz, Lagerung, Bau, Entwicklung Antipersonenminen und jeglichen Handel. Bloss: Umgesetzt wird es höchst lückenhaft. Paul Holtom vom UNO-Institut für Abrüstungsforschung formuliert es so: «Das noble Ziel, die Welt bis 2025 vollständig von Landminen zu befreien, scheint immer schwerer erreichbar.»
Staaten räumen Minenfelder
Wirkungslos ist das Abkommen gleichwohl nicht. Viele Dutzend Staaten haben ihre Landminen-Arsenale inzwischen restlos vernichtet, zuletzt Sri Lanka. Zahlreiche Länder, darunter auch europäische wie Griechenland oder die Ukraine, sind indes noch immer nicht so weit.
Fortschritte gibt es auch bei der Räumung verminter Gebiete. 2020 wurden 146 Quadratkilometer Landfläche weltweit ganz von Minen geräumt, die grössten in Kambodscha und Kroatien. Grossbritannien und Chile haben die Entminung nun vollständig abgeschlossen. Die Corona-Pandemie hat indes mancherorts die Minenräumung gebremst oder gar gestoppt.
Immerhin arbeitet inzwischen nur noch ein einziges Land weiterhin mit Antipersonenminen, nämlich Myanmar. Hingegen setzten nicht staatliche Akteure, Milizen und Rebellengruppen in mindestens sechs Staaten nachweislich auf Landminen – nämlich in Afghanistan, Kolumbien, Indien, Myanmar, Nigeria und Pakistan.
Auch im jüngsten Konflikt in Berg-Karabach zwischen Aserbaidschan und Armenien dürften Minen zum Einsatz gelangt sein. Ebenso mutmasslich in einem weiteren halben Dutzend Staaten.
Grossmächte verweigern sich Abkommen
Dass die Opferzahlen seit einigen Jahren wieder deutlich steigen, ist auf die Häufung kriegerischer Konflikte zurückzuführen. Und darauf, dass sich zwar auf Staaten diplomatisch, politisch und wirtschaftlich Druck machen lässt, auf diese Waffengattung zu verzichten, jedoch kaum auf nicht staatliche Konfliktparteien, die sich meist völlig um internationale Regeln foutieren.
Irritierend ist, dass sich gerade die Grossmächte USA, Russland und China dem Ottawa-Abkommen hartnäckig verweigern. Russland besitzt gar die mit Abstand grössten verbleibenden Antipersonenminenarsenale. Weder Moskau noch Washington verzichtet zudem auf die Weiterentwicklung von Minen.
Einmal mehr gehen also, wenn es um internationales Recht und internationale Verpflichtungen geht, die mächtigsten Staaten mit dem schlechtesten Beispiel voran.