Irland stimmt am Freitag über die Aufhebung des Abtreibungsverbots in der Verfassung ab. Für Auslandiren ist das gar nicht so einfach. Denn per Brief abstimmen, wie etwa Auslandschweizer es tun können: das dürfen sie nicht. Auslandiren müssen in ihre Heimat reisen, um abstimmen zu dürfen.
Unter dem Hashtag #HomeToVote rufen progressive Iren derzeit ihre Mitbürger im Ausland dazu auf, an die Urne zu gehen. Denn mit der Abstimmung wird im (einst) erzkonservativen Land eine Schicksalsfrage beantwortet.
In den sozialen Medien bieten vor allem junge Iren Heimreisewilligen Unterkünfte oder Fahrten in ihre Heimatgemeinden an.
Warum die Diaspora heimreisen muss
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Irland ist das Auswandererland schlechthin: Seit etwa 150 Jahren exportiert die grüne Insel dermassen viele Menschen, dass es im Ausland – etwa in den USA und Australien – weit mehr Irinnen und Iren gibt als in der Heimat. Dürften sie alle aus der Ferne abstimmen, würde das «zu einer riesigen Verzerrung» des Ergebnisses führen, erklärt SRF-Korrespondent Martin Alioth.
Knapp drei Jahre, nachdem die Homo-Ehe mit überwältigender Mehrheit eingeführt wurde, könnte nun also das Abtreibungsverbot gestrichen werden. Schon damals rekrutierten Befürworter Gleichgesinnte im Ausland. Und «Heerscharen von Iren aus aller Welt» reisten an, um mitbestimmen zu können, wie SRF-Korrespondent Martin Alioth berichtet: «Allerdings haben die Rückkehrer die Mehrheit nur etwas deutlicher gemacht und nicht entschieden.»
Abrechnung mit katholischen «Altlasten»
Mit dem Abtreibungsverbot könnte nun eine letzte Bastion der irischen Kirche fallen, welche die Gesellschaft bis weit ins 20. Jahrhundert in ein Korsett der Sittenstrenge presste.
Fast absolutes Abtreibungsverbot
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In Irland ist ein Schwangerschaftsabbruch nur erlaubt, wenn das Leben der Schwangeren bedroht oder sie selbstmordgefährdet ist. 2017 wurden gerade einmal 25 Eingriffe vorgenommen. Selbst nach Vergewaltigung, Inzest und bei einem kranken Fötus ist Abtreibung untersagt. (dpa)
Beim Urnengang steht mehr als ein Verfassungsartikel auf dem Spiel. Nun gehe es, so Martin Alioth, «um eine Altlast des grossen katholischen Einflusses in Irland, der in den letzten 20 Jahren zertrümmert wurde.»
Laut Alioth sind die Fronten in der irischen Gesellschaft dieses Mal aber ungleich verhärteter als bei der gleichgeschlechtlichen Ehe: «Das Thema ist in allen Bevölkerungsschichten umstritten.»
Martin Alioth
Ehemaliger Grossbritannien- und Irland-Korrespondent, SRF
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Der ehemalige Grossbritannien- und Irland-Korrespondent von Radio SRF lebt seit 1984 in Irland. Er hat in Basel und Salzburg Geschichte und Wirtschaft studiert.
Alioth glaubt aber, dass das Stimmvolk nun die Konsequenz aus dem tiefgreifenden Wertewandel in der Gesellschaft zieht und das Verbot beerdigt. Gerade die unter 35-Jährigen seien sehr deutlich für dessen Entfernung aus der Verfassung.
Droht ein Abtreibungsboom?
Die Befürworter des Gesetzes warnen dagegen davor, dass die Zahl der Abtreibungen deutlich zunehmen könnte. Allerdings sind diese schon heute an der Tagesordnung: Viele Irinnen lassen ihre Babys im Ausland abtreiben, meist in England. «Die Abtreibungsgegner verschliessen sich dem Argument, dass irische Frauen etwa gleich häufig abtreiben wie Frauen in anderen westeuropäischen Ländern», sagt Alioth.
Kommt hinzu: Manche Frauen beschaffen sich illegal Abtreibungstabletten über das Internet. Aus Angst vor drakonischen Strafen beanspruchen sie bei Komplikationen oft keine ärztliche Hilfe – mit fatalen Folgen. Auch das habe zumindest in der Politik zu einem Stimmungswandel geführt. Ob die Stimmbürger nachziehen, wird sich am Freitag entscheiden.
Abtreibungsregeln in europäischen Ländern
Die Abtreibungsbestimmungen in Europa sind von Land zu Land verschieden. In vielen Ländern gelten Fristenregelungen. Sehr restriktiv ist das Recht nicht nur in Irland, sondern unter anderem auch in Polen. (Quelle: dpa)
Schweiz: Seit 1. Oktober 2002 gilt in der Schweiz die vom Volk am 2. Juni angenommene Fristenregelung. Das bedeutet, dass der Entscheid über den Abbruch einer ungewollten Schwangerschaft in den ersten 12 Wochen bei der Frau liegt. Ab der 13. Woche ist ein Abbruch zulässig, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, um von der Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abzuwenden. Es ist kein Zweitgutachten notwendig.
Deutschland: Ein Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland unter bestimmten Bedingungen nicht strafbar. Eine Frau kann innerhalb der ersten zwölf Schwangerschaftswochen - in Ausnahmefällen auch bis zur 22. Woche - abtreiben lassen, wenn sie sich beraten lassen hat und dem Arzt einen Beratungsschein vorlegt. Die Abtreibung bleibt in dieser Zeit auch straflos, wenn die Schwangerschaft auf einem Sexualdelikt beruht. Nicht rechtswidrig hingegen ist eine Abtreibung während der gesamten Schwangerschaft, wenn der Frau eine schwerwiegende körperliche oder seelische Beeinträchtigung droht.
Niederlande: Sie zählen zu den liberalsten westeuropäischen Ländern mit einer Fristenregelung von 24 Wochen. Nach einem Gespräch mit einem Arzt muss die Frau lediglich noch eine fünftägige Bedenkzeit abwarten, ehe sie in einer Klinik behandelt wird.
Polen: Das Land hat eines der strengsten Abtreibungsgesetze in Europa. In dem katholisch geprägten Land sind Schwangerschaftsabbrüche nur in drei Ausnahmefällen erlaubt: Wenn die Frau vergewaltigt wurde, wenn ihr Leben in Gefahr ist - und bislang auch, wenndas Kind eine schwere Behinderung haben wird. Konservative Pro-Life-Aktivisten setzen sich dafür ein, den letzten Punkt zu verbieten. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf brachten sie ins Warschauer Parlament. Viele Ärzte würden allerdings den Eingriff verweigern, weil sie Angst vor Ermittlungen oder Abtreibungsgegnern hätten, kritisieren Frauenrechtlerinnen. Deshalb reisten viele Frauen zum Abtreiben etwa in die Nachbarländer Deutschland und Tschechien.
Grossbritannien: Für England, Wales und Schottland gilt eine Frist von 24 Wochen. Wenn zwei Ärzte der Frau bescheinigen, dass die Schwangerschaft ihr körperlich oder seelisch schaden könnte, ist ein Eingriff legal. In Nordirland darf nur bei Lebensgefahr für die Mutter abgetrieben werden und wenn sie selbstmordgefährdet ist.
Frankreich: Das Land räumt Frauen eine Frist bis zum Ende der zwölften Schwangerschaftswoche ein. Sie können eine Abtreibung vornehmen lassen, wenn sie die Schwangerschaft nicht fortsetzen wollen. Die Beschränkung auf Frauen «in einer Notlage» wurde 2014 gestrichen - die Entscheidung darüber lag auch vorher schon allein bei der Schwangeren. Vor einem Eingriff müssen sich Betroffene an zwei Terminen von einem Arzt oder einer Hebamme beraten lassen.
Spanien: In dem katholischen Land sind Abtreibungen bis zur 14. Schwangerschaftswoche zugelassen, bis zur 22. Woche können sie aus medizinischen Gründen legal sein. Der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy zog 2014 Pläne zurück, Abtreibungen wieder grundsätzlich für illegal zu erklären. Allerdings wurde die Regelung durchgesetzt, wonach Minderjährige eine Einverständniserklärung der Eltern oder des Vormunds vorlegen müssen, bevor eine Abtreibung durchgeführt werden darf.
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