- Zehntausende Menschen haben am Samstag in Warschau und mehreren anderen polnischen Städten gegen die restriktiven Abtreibungsgesetze des Landes demonstriert.
- Eine «Minute des Schreiens», statt einer Schweigeminute, bildete den Höhepunkt der Kundgebung in Polens Hauptstadt.
- Die Protestierenden erinnerten unter anderem an den Tod einer schwangeren Frau im Oktober im Spital der südpolnischen Stadt Pszczyna.
Der Tod der 30-Jährigen wird von der Staatsanwaltschaft untersucht, die Ärzte wurden vom Dienst suspendiert. Die Anwältin Jolanta Budzowska hatte vergangene Woche in digitalen Medien über den Fall informiert und das strenge Abtreibungsverbot Polens für den Tod der jungen Frau verantwortlich gemacht.
Fast keine Ausnahmeregeln mehr
Nach Angaben der Juristin hatten die Spitalärzte nicht gewagt, das Leben der Frau durch einen Schwangerschaftsabbruch zu retten. Frauenrechtlerinnen sagen, dass Ärzte in Polen nun darauf warten, dass ein Fötus mit schweren Defekten im Mutterleib stirbt, anstatt eine Abtreibung vorzunehmen.
In den vergangenen Tagen wurde daher immer wieder gegen die Abtreibungsgesetze protestiert. Auch der ehemalige Präsident des Europäischen Rates und jetzige Oppositionsleader Donald Tusk hat am Samstag an der Kundgebung in Warschau teilgenommen.
Das polnische Verfassungsgericht hatte vor einem Jahr fast alle Ausnahmeregeln des strengen Abtreibungsgesetzes aufgehoben. Seither ist ein Schwangerschaftsabbruch in Polen auch dann verboten, wenn der Fötus schwer geschädigt ist.
Die letzten grösseren Proteste gab es Ende Januar dieses Jahres, als das neue Gesetz in Kraft trat. Im Herbst 2020 waren gar Hunderttausende auf die Strasse gegangen. Viele forderten den Rücktritt der Regierung und eine Rücknahme des Abtreibungsgesetzes. Beides ist nicht eingetreten.