Der Bundesrat will kein drittes Geschlecht einführen oder den Verzicht auf den Geschlechtseintrag ermöglichen, wie er am Mittwoch bekannt gab. Einen Tag später: Das schottische Regionalparlament stimmt für ein Gesetz zur einfacheren Änderung des Geschlechtseintrags. Diese Debatte beschäftigt aktuell vielerorts.
Deutschland: 2017 befand das deutsche Verfassungsgericht, dass intersexuelle Personen eine dritte Option bei den Angaben zum Geschlecht wählen dürfen. Der Eintrag «divers» wurde geschaffen. Nach einer Umfrage des Bundesinnenministeriums haben in den ersten zwei Jahren der Einführung knapp 400 Personen davon Gebrauch gemacht. Für diesen alternativen Eintrag muss jedoch eine ärztliche Bescheinigung vorliegen.
Entscheidet sich eine Person zu einer Änderung des Geschlechts, beispielsweise von «männlich» zu «weiblich», sind bislang sogar zwei psychiatrische Gutachten notwendig. Die aktuelle Regierung hat sich aber dazu verpflichtet, die Änderung des Geschlechtseintrags zu vereinfachen.
Österreich: Seit September 2020 gilt in Österreich, dass wer nicht «männlich» oder «weiblich» ist, zwischen «divers», «inter», «offen» und «keinem Eintrag» wählen kann. Laut dem zuständigen Innenministerium wird dazu unter bestimmten Umständen ein Fachgutachten verlangt.
Island: Noch viel weiter geht ein isländisches Gesetz. 2019 beschloss der Inselstaat im äussersten Nordwesten Europas das Recht von Personen, ihr eigenes Geschlecht zu definieren, ohne jegliche Befragungen und Untersuchungen – ab dem 15. Lebensjahr. Eine eidesstattliche Erklärung genügt .
Das isländische Gesetz schreibt vor, dass praktisch überall die Registrierung eines neutralen Geschlechts gewährleistet werden muss – alle Ausweisdokumente, Formulare und Datenbanken eingeschlossen.
Belgien: 2019 befand das belgische Verfassungsgericht Bestimmungen, die nur eine Registrierung als «männlich» oder «weiblich» erlauben, als diskriminierend und daher verfassungswidrig. Das Gericht schlug unter anderem die Schaffung einer oder mehrerer zusätzlicher Kategorien vor. Aktueller Stand: Die Angabe des Geschlechts soll komplett aus den belgischen Personalausweisen verschwinden. Das Geschlecht bleibt aber im nationalen Register erhalten.
Niederlande: Im Mai 2018 wurde zum ersten Mal bei einer niederländischen Person das Geschlecht «X» anstelle von «männlich» oder «weiblich» im Reisepass eingetragen. Die Person gewann laut Urteil ein Gerichtsverfahren aufgrund einer bestehenden «Verletzung des Privatlebens, der Selbstbestimmung und der persönlichen Autonomie».
Wie im Nachbarstaat Belgien, gaben die niederländischen Behörden 2020 die Absicht bekannt, das Geschlecht komplett aus den Ausweispapieren zu streichen. Die zuständige Ministerin argumentierte, dass alle Personen «ihre eigene Identität gestalten können, ohne sich für eine binäre Identifikation entscheiden zu müssen». Ab 2024 sollen die niederländischen Personalausweise geschlechtsneutral sein.
Malta: Der Inselstaat kennt seit 2015 ein Gesetz, welches Personen ab 16 Jahren ermöglicht, mit einer einfachen Erklärung vor einem Notar ihr Geschlecht autonom zu bestimmen. Ein Amt genehmigt die Änderung der Geburtsurkunde und der Änderung der Identitätsdokumente steht nichts mehr im Weg. 2017 wurde zudem die Möglichkeit einer X-Markierung auf Personalausweisen und Reisepässen eingeführt.