Die westlichen Industriestaaten haben Aids dank intensiver Aufklärungskampagnen einigermassen im Griff. Die Zahl der Neuinfektionen stagniert oder geht jedes Jahr sogar zurück. Ganz anders ist die Situation in Osteuropa. Dort nehmen die Neuinfektionen weiter stark zu. Experten sprechen bereits von «afrikanischen Verhältnissen» in Russland und seinen Republiken.
Zehntausende Neuinfektionen – allein in Russland
Allein Russland stellte in den vergangenen zwölf Monaten offiziell mehr als 85'000 Neuinfektionen mit dem HI-Virus fest. Trotzdem verdrängen die russischen Behörden das Problem. «Aids ist in Russland ein grosses Tabuthema», sagt Brigitte Zing von der SRF-Auslandredaktion. Es gebe keine Plakate, keine TV-Spots an staatlichen Sendern und kaum Prävention. Aidskranke würden ausgegrenzt.
«Im konservativen Teil der russischen Gesellschaft sind Themen rund um die Sexualität tabu», sagt sie. Deshalb sei die Dunkelziffer der HIV-Infektionen sehr hoch. Experten gingen davon aus, dass bis zu doppelt so viele Russinnen und Russen mit dem HI-Virus infiziert sind, als in den Statistiken ausgewiesen werden.

Kirche verteufelt Kondom-Gebrauch
Die Regierung foutiere sich völlig um das Thema, so Zingg. Zum Thema Aids falle den Politikern höchstens ein, die Homosexualität oder das Blutspenden zu verbieten. Hinzu kommt, dass sich die Orthodoxe Kirche gegen Präventionsangebote wehrt und etwa den Gebrauch von Präservativen verteufelt. Deshalb kommt die Russland-Kennerin zum Schluss: «Die russischen Aids-Präventionsfachleute machen Sisyphus-Arbeit.»
Zwar gebe es staatsliche Aids-Zentren, welche recht aktiv seien und importierte Medikamente an HIV-Infizierte abgeben. Private Organisationen in der Präventionsarbeit seien aber zuweilen von Korruption durchsetzt.
Rückständiges Tschetschenien
Eine der am stärksten betroffenen Regionen Russlands ist die Kaukasus-Republik Tschetschenien. Grund dafür ist der Anstieg des Drogenhandels in den Jahren nach den Tschetschenienkriegen und die damit einhergehende Drogensucht, aber auch die stark traditionalistische Gesellschaft. «Wer in Familien Aids-Aufklärung vornehmen will, kommt gar nicht an die Menschen heran», stellt Zingg fest.
Zwar gebe es in Grosny ein Aidszentrum, das sich für präventive Massnahmen einsetze, etwa Schulen besuche und dort die Schüler über die Aidsgefahren aufkläre. Doch die Gefahr lauere andernorts: So passierten die meisten Neu-Ansteckungen, weil Männer von Prostituierten Sex ohne Gummi verlangten. «Das ist in Grosny heute das Hauptproblem», so Zingg.
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