Was ist passiert? Jack Ma ist wieder da: Nach mehr als einem Jahr, in dem sein Aufenthaltsort meist nicht bekannt war, ist der Milliardär nach China zurückgekehrt. Ein Foto zeigt den ehemaligen Englischlehrer und Mitgründer des Onlinehändlers Alibaba beim Besuch einer Schule, die er 2017 in der Stadt Hangzhou ins Leben gerufen hatte. In der Millionenmetropole befindet sich auch das Hauptquartier von Alibaba. Das Foto beendet Spekulationen, wonach Jack Ma China endgültig verlassen habe oder sich gar im Gefängnis befinde.
Was steckt hinter der Veröffentlichung des Fotos? Dass das Foto genau jetzt auftaucht, sei ganz sicher kein Zufall, sagt der freie Journalist Fabian Kretschmer in China. Vielmehr sei es ein grosser PR-Coup der chinesischen Regierung, die nach zweieinhalb Jahren Covid-Strategie zu signalisieren versuche, dass die Wirtschaft wieder anläuft. Insidern zufolge hat der chinesische Ministerpräsident Li Qiang über Mittelmänner versucht, den Alibaba-Mitgründer Jack Ma seit vergangenem Jahr zur Rückkehr nach China zu bewegen. Eine Bestätigung dafür gibt es weder von Alibaba noch vom chinesischen Staat.
Wo hat Jack Ma so lange gesteckt? Das ist nach wie vor unklar. Klar ist: 2020 hat Ma die Regulierung in seinem Heimatland in einer Rede kritisiert. Diese Rede gilt als Auslöser für den verschärften staatlichen Druck auf die Privatwirtschaft, dem unter anderem der Börsengang von Ant Financial zum Opfer fiel. Es wäre das weltweit grösste Börsendebüt gewesen. Der Finanzdienstleister betreibt den Bezahlservice Alipay und gehört zu Ailbaba. Nach diesem Rückschlag verschwand Ma mehrere Monate komplett von der Bildfläche, danach tauchte er sporadisch in Japan und Australien auf. Er büsste auch seinen Status als reichster Chinese ein und musste die Kontrolle über Ant Financial abgeben.
Hat die chinesische Regierung Ma vorübergehend aus dem Verkehr gezogen? Solche Spekulationen seien nicht einfach an den Haaren herbeigezogen, sagt Fabian Kretschmer. Die Kommunistische Partei stehe über dem Gesetz und es passiere in China immer wieder, dass CEOs oder auch Politiker einfach verschwinden. Erst vor einem Monat sei ein berühmter Investor von einem Tag auf den anderen nicht mehr auffindbar gewesen. Erst nach Wochen haben sich die Behörden dazu geäussert und gemeint, der Investor helfe ihnen bei Ermittlungen. Doch die Hintergründe sind nach wie vor völlig unklar. Diese Intransparenz sorgt auch dafür, dass viele Firmenchefs versuchen, eine andere Staatsbürgerschaft zu erlangen oder ihre Vermögen ins Ausland zu bringen.
Wie geht es nun weiter mit Jack Ma und Alibaba? Jack Ma hat sich schon länger aus dem Tagesgeschäft des Onlineriesen zurückgezogen. Seine konkrete Rolle sei zwar unklar, es sei aber klar, dass seine Macht eingeschränkt sei, sagt Fabian Kretschmer. Diese Woche wurde zudem bekannt, dass Alibaba sich in sechs kleinere Unternehmen aufspalten will – eigenständig werden so Geschäftsbereiche wie Online-Handel, Medien und Cloud-Dienste. Die offizielle Begründung ist, dass das Unternehmen so agiler werden soll. Fabian Kretschmer vermutet allerdings eher, dass Alibaba für die Behörden so leichter zu regulieren werde.