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Angriff auf Journalismus Russische Breitseiten gegen Schweizer Medien

Schweigen kann das Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) nicht – und wird es auch nicht. Es muss die Prinzipien der Medien- und Meinungsäusserungsfreiheit verteidigen, nach den Unterstellungen und unverblümten Drohungen gegen den auch für die Ukraine zuständigen «NZZ»-Korrespondenten in Wien.

Darum geht es

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Ein Artikel eines NZZ-Journalisten hat die russische Botschaft in Bern so aufgebracht, dass sie auf ihrer Webseite und auch auf Twitter eine Mitteilung publiziert hat.

Darin weist sie etwa darauf hin, dass die Äusserungen des Journalisten strafrechtliche Konsequenzen in Russland haben könnten . In Russland müsste er mit einer Geldstrafe, Zwangsarbeit oder einer mehrjährigen Freiheitsstrafe rechnen, behauptet die russische Botschaft, die den Journalisten auch namentlich erwähnt hat.

Daraufhin hat das Schweizer Aussendepartement EDA gestern Abend bekannt gegeben, dass man bei der russischen Botschaft intervenieren wolle . Die Äusserungen Russlands seien inakzeptabel , schreibt das EDA auf Twitter .

Doch welche Möglichkeiten hat Bundesbern? Geregelt ist der diplomatische Verkehr im Wiener Übereinkommen über Diplomatie von 1964. Dort wurde, was zuvor primär Gewohnheitsrecht war, schriftlich und verbindlich festgelegt.

Pikantes Detail

Ein Staat hat mehrere Eskalationsstufen, um sein Missfallen über die Handlungsweise eines anderen Staates ausdrücken. Als relativ milde Formen gelten schriftliche Protestnoten oder die Einbestellung eines Botschafters ins Aussenministerium, die wiederum mit der Übergabe eines Protestschreibens verbunden sein kann. Eine Vorladung wäre für den Botschafter, in diesem Fall den Russen Sergei Garmonin, verbindlich. Er wäre allerdings nicht der Adressat der Schweizer Kritik, vielmehr die russische Regierung.

Pikant ist in diesem Fall, dass Garmonin selbst und seine Presseabteilung den Schweizer Unmut mit ihren wütenden verbalen Angriffen auf Medienschaffende ausgelöst haben. Ob sie das auf Befehl aus Moskau tun oder in eigener Initiative, ist unklar.

Protestnoten kommen immer wieder vor

Eine deutlich schärfere Sanktionsmöglichkeit bestünde darin, den Botschafter oder einen Botschaftsangestellten als «Persona non grata» zu erklären, also als nicht länger genehm. Das Entsendeland, hier Russland, müsste ihn also abberufen. Er würde von der Schweiz nicht mehr als offizieller, mit diplomatischer Immunität geschützter Vertreter Russlands anerkannt. Die höchste diplomatische Eskalationsstufe wäre der Abbruch diplomatischer Beziehungen.

Zu solch scharfen Mitteln wird die Schweiz nicht greifen. Als neutrales Land vertritt sie die Haltung, mit allen Staaten Kontakte zu pflegen, selbst wenn diese bisweilen unerfreulich sind. Was hier nicht zuletzt damit zusammenhängt, dass Russland offenkundig nach dem Überfall auf die Ukraine die Lage falsch eingeschätzt hat und nicht davon ausging, dass sich die Schweiz – wo viele russische Vermögen geparkt sind – den EU-Sanktionen anschliessen würde. Weshalb man, als sie es doch tat, besonders empört war und die Schweiz nun auch als «feindlichen Staat» bezeichnet.

Protestnoten und die Einbestellung von Botschaftern sind nicht gerade an der Tagesordnung, kommen aber immer mal wieder vor. So wurde der russische Emissär in Bern schon mehrfach ins Aussenministerium zitiert, etwa 2018 im Zusammenhang mit russischer Spionage in der Schweiz, die sich gegen das Labor Spiez richtete. Oder 2022, nach der russischen Invasion in die Ukraine, als die Schweiz die völlige Missachtung des humanitären Kriegsvölkerrechts monierte, nach einem gezielten russischen Angriff auf die ukrainische Zivilbevölkerung in Kramatorsk.

Umgekehrt kam es auch schon vor, dass Schweizer Botschafter ins Aussenministerium ihres Gastlandes zitiert wurden. Das Vorgehen an sich gehört also zur diplomatischen Routine. Doch der vorliegende Fall ist speziell, weil die russische Botschaft selbst hier der eigentliche Akteur ist. 

Fredy Gsteiger

Diplomatischer Korrespondent

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Fredy Gsteiger ist diplomatischer Korrespondent und stellvertretender Chefredaktor bei Radio SRF. Vor seiner Radiotätigkeit war er Auslandredaktor beim «St. Galler Tagblatt», Nahost-Redaktor und Paris-Korrespondent der «Zeit» sowie Chefredaktor der «Weltwoche».

Hier finden Sie weitere Artikel von Fredy Gsteiger und Informationen zu seiner Person.

SRF News, 20.04.2023, 9 Uhr

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