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Angriff auf Kultur «Vielleicht werden in der Ukraine ganze Sammlungen verschwinden»

Beim russischen Angriffskrieg auf die Ukraine werden offenbar immer wieder auch gezielt Kulturgüter zerstört. Vor Wochen traf es ein kleines Museum nahe Kiew mit Werken der im ganzen Land verehrten Volksmalerin Maria Prymatschenko. Einige Bilder konnten vor dem Feuer gerettet werden. Der Schutz der vielen Sammlungen und Kulturstätten sei eine schwer lösbare Riesenaufgabe, sagt die ukrainische Archäologin Marta Andriiovych an der Universität Bern.

Marta Andriiovych

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Die Archäologin Marta Andriiovych stammt aus der Ukraine und forscht am Institut für Archäologische Wissenschaften der Universität Bern.

SRF News: Wie gross ist Ihre Sorge um die ukrainischen Kulturgüter

Marta Andriiovych: Ich bin sehr besorgt um unser kulturelles Erbe. Einerseits geht es um die Sammlungen der Museen in den bereits von der russischen Armee besetzten Gebieten. Anderseits sind da die architektonischen Stätten. Die Urkaine birgt reiche Kulturschätze aus dem 19. Jahrhundert, die jetzt durch Bomben in Gefahr sind. Das gilt auch für Gebiete, wo noch keine Grabungen angefangen haben. Wir könnten sehr viele Informationen verlieren.

Malerin Maria Prymatschenko
Legende: Die Motive der naiven Malerin Maria Prymatschenko (1909-1997) sind in der Ukraine sehr beliebt. Ihre Werke hingen unter anderem im Ortsmuseum von Ivankiv. Das Museum 80 Kilometer nördlich der Hauptstadt Kiew wurde bei einem russischen Bombenangriff zerstört. Im Bild eine Installation mit ihren Figuren am Silvesterabend 2018 in Kiew. imago images

Was ist über das Ausmass bereits verlorengegangener Kulturstätten bekannt?

Das ist schwer abschätzbar. Ich weiss von Kollegen, die jetzt im Krieg kämpfen, dass sie zu retten versuchen, was ihnen in die Finger gerät. Im Moment liegt alles bei den Mitarbeitenden der Museen und den Museumsleitungen. Wie viel sie schützen, verstecken oder evakuieren können, hängt von ihrem Fachwissen und ihrer Risikobereitschaft ab. Sie sind verantwortlich, wenn den Kunst- und Kulturgütern etwas zustösst. Transporte mit entsprechenden Papieren und Sicherheitsvorkehrungen sind wegen des geltenden Kriegsrechts kaum mehr möglich.

Wie gross ist das Risiko, dass in Sicherheit gebrachte Güter später nicht mehr auffindbar sind?

Das ist ein grosses Problem. Es ist kaum absehbar, was passieren wird. Vielleicht werden in der Ukraine ganze Sammlungen verschwinden. Aber für gewisse Museen ist das Transportrisiko vermutlich ähnlich hoch, wie wenn die Sammlung vor Ort bleibt.

Sophienkathedrale in Kiew.
Legende: Die Sophienkathedrale im Kiewer Stadtzentrum gehört seit 1990 zum Unesco-Weltkulturerbe, zusammen mit weiteren sechs bedeutenden Stätten. Dutzende weitere sind für eine Anerkennung vorgeschlagen. imago images

Der Präsident des deutschen Kunsthistoriker-Verbandes appellierte ans Ausland, ukrainisches Kulturgut zu schützen. Was kann getan werden?

Viele Museen haben riesige Sammlungen. Es gibt nicht genug Packmaterial, in der Ukraine mangelt es an allem. Nötig wären deshalb gutes Packmaterial, Fahrzeuge und Treibstoff, um diese Evakuierungen gut durchführen zu können.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

Rendez-vous, 20.06.2022, 12:30 Uhr ; 

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