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Angriff der Hamas auf Israel In Libanon wird leise Kritik am Vorgehen der Hamas laut

Für die Hamas-Vertreter in Libanon scheinen die eigenen Opfer im Gazastreifen sekundär zu sein. In Beirut unterstützen viele Menschen die Hamas – und doch stehen nicht alle Palästinenser hinter ihrem Vorgehen.

Ahmad Abdelhadi ist der Vertreter der Hamas in Libanon und wechselt seinen Aufenthaltsort mehrmals im Tag. Er hat nur kurz Zeit und kommt gleich zur Sache: Der Entscheid für die Attacke am 7. Oktober sei einzig und allein von der Hamas-Führung getroffen worden, sagt Abdelhadi. Weder Iran noch eine andere Partei hätten im Vorfeld davon gewusst.

Ahmad Abdelhadi, der Vertreter der Hamas in Libanon
Legende: Ahmad Abdelhadi ist der Vertreter der Hamas in Libanon. SRF/David Körzdörfer

Der Hamas-Vertreter preist den Angriff auf Israel als Erfolg. Dass dabei auch Zivilisten ums Leben kamen, leugnet er. Sie hätten nur Soldaten getötet, sagt der Sprecher. Aus der Sicht der radikalen Hamas gibt es keine Zivilisten in Israel, alle Bewohner seien potenzielle Kombattanten. Dies ist eine Verfälschung, die es der Hamas einfach macht, ihr Massaker zu legitimieren.

Hoher Blutzoll im Gazastreifen

Doch der Blutzoll ist auch unter der eigenen Bevölkerung im Gazastreifen hoch. Nirgends in Gaza sei man sicher vor den Bomben, sagt der Hamas-Vertreter und kritisiert dabei just das, was für die israelische Bevölkerung nicht zu gelten scheint: Dass beim Beschuss viele Zivilisten ums Leben kommen.

Islamwissenschaftler: Hamas lebt auch nach Zerschlagung weiter

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Fragen an Islamwissenschaftler Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin (SWP):

Opfert die Hamas die Zivilisten im Gazastreifen, die auf 365 Quadratkilometern eingesperrt sind?

«Ja», sagt Steinberg. Die Hamas habe gewusst, dass ein solcher Angriff auf Israel eine harte militärische Reaktion provoziere. Es gehöre zum Kalkül der Hamas, dass jeder Angriff gegen Israel schwere Gegenschläge auslöse, womit sie wiederum Propaganda mache.

Kommt die Bodenoffensive?

Steinberg vermutet schon. Ansonsten wäre es für Netanjahu «ein ganz schlimmer Gesichtsverlust». Obwohl derzeit eine «Phase des Nachdenkens» stattfinde, glaube er nicht, dass Israel noch davon abweiche. Allerdings müsse Israel auch das Wohl der über 200 Geiseln im Gazastreifen im Hinterkopf behalten.

Kann die Hamas ausgerottet werden?

Ist das Ziel eine Zerschlagung der militärischen Strukturen und der Tötung vieler Anführer und Kämpfer, dann ja, sagt Steinberg. Allerdings könne man «das Phänomen Hamas» nicht ausrotten, weil Hamas auch eine soziale Bewegung sei. Sie würde auch nach ihrer Zerschlagung fortbestehen und wohl aus dem Untergrund den Kampf fortsetzen.

Dennoch sei der Rückhalt für die Hamas in Gaza ungebrochen, sagt Ahmad Abdelhadi. Die palästinensische Bevölkerung stehe nun mehr denn je hinter der Hamas, behauptet der Vertreter der radikalislamischen Gruppierung.

In den engen Gassen des palästinensischen Flüchtlingslagers in Beirut hört man in der Tat viele Stimmen, die das Vorgehen der Hamas unterstützen. Sie sehen die Attacke der Hamas als Konsequenz einer jahrzehntelangen Unterdrückung der Palästinenser durch Israel.

Eine Frau durchschreitet ein sehr schmales Gässchen
Legende: Leben in einem Flüchtlingslager. (Archiv) SRF/gutt

Der Krieg habe nicht erst vor zwei Wochen begonnen, sondern schon lange vorher, sagt etwa diese junge Palästinenserin in Beirut. Die Israelis hätten ihnen Häuser weggenommen, Familienmitglieder inhaftiert oder getötet. Natürlich werde die Hamas etwas dagegen unternehmen, sagt die junge Frau.

Es gibt auch Kritik an der Hamas

Doch auch im Flüchtlingslager in Beirut wird leise Kritik am Vorgehen der Hamas laut: Als sie von der Attacke der Hamas hörte, dachte sie als Erstes an die Reaktion Israels. Dass diese viel schlimmer ausfallen würde und nun noch mehr Palästinenser ums Leben kämen als bisher, sagt die ältere Frau, die ihren Namen nicht preisgeben möchte. Denn die Hamas ist auch im Palästinenserlager präsent. Kritik ist unerwünscht.

Zwei kleine Jungen sitzen vor einem Eingang in einem Flüchtlingslager. Einer schielt stark.
Legende: Aufwachsen in einem Flüchtlingslager. (Archivbild) SRF/gutt

Nicht alle Palästinenser seien mit der Hamas, sagt die Frau. Sie bedauere, dass viele Zivilisten nun ins Kreuzfeuer der Extremisten beider Seiten gekommen sind. Der Krieg sei der Bevölkerung in Gaza aufgezwungen worden. Die ältere Frau kritisiert, dass die Hamas wohl Angriffe auf Israel ausführen könne, doch die eigene Bevölkerung schützen, das könne sie nicht.

Angesprochen darauf, zeigt sich der Hamas-Vertreter in Libanon kämpferisch: Israel könne sie bombardieren, solange es wolle, doch gewinnen werde es nicht. Das Wohlergehen der palästinensischen Bevölkerung scheint für ihn zweitrangig zu sein.

Rendez-vous vom 26.10.2023, 12:30 Uhr

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