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Angriffe auf Journalisten «Trumps Worte haben Schaden angerichtet»

200 Angriffe wurden in den letzten Tagen in den USA gezählt. Eine Journalismus-Professorin zeigt sich alarmiert.

Die Bilder seien bestürzend, sagt Journalismus-Professorin Ellen Shearer von der Northwestern University. Sie ist auch Vizepräsidentin der «National Security Journalism Initiative». So viel Gewalt gegen Medienschaffende in so kurzer Zeit habe es in den USA noch nie gegeben. Obschon diese sich klar als Journalisten zu erkennen gaben, wurden sie angegriffen.

Die Organisation Press Freedom Tracker hat in nur einer Woche über 200 Vorfälle registriert. 50 Journalistinnen und Journalisten seien körperlich attackiert worden, 33 mit Tränengas, 20 mit Pfefferspray, 50 mit Gummigeschossen – ganz gezielt und mit voller Absicht. Ein CNN-Reporter wurde vor laufender Kamera festgenommen.

Wie feindliche Kämpfer seien Journalisten von der Polizei behandelt worden, sagt Shearer. Das sei ein krasser Verstoss gegen die Regel, dass Medien unbehelligt berichten dürfen, solange sie die Polizei nicht behindern. In einer Demokratie müsse diese Regel von der Polizei unbedingt respektiert werden, denn die Journalistinnen und Journalisten seien quasi die Augen und die Ohren der Bevölkerung.

Es hätten wohl verschiedene Faktoren dazu beigetragen, dass sich Angriffe gegen Medienschaffende derart gehäuft hätten, glaubt Shearer. Viele Menschen stünden seit Wochen unter enormem Stress.

Medien als Feind des Volkes verunglimpft

Seit mehr als drei Jahren würden die Medien als Feind des Volkes verunglimpft, als Fake News, Lügenpresse. Diese Worte des Präsidenten hätten Schaden angerichtet. Der Gouverneur von Minnesota hat sich inzwischen für die Verhaftung des CNN-Journalisten entschuldigt. Ansonsten fehlten klare Stellungnahmen seitens der politischen Entscheidungsträger oder der Polizei, bedauert Shearer.

Im Moment könne sie nur hoffen: Darauf, dass die Polizeichefs ihre Korps wieder daran erinnerten, dass Reporter nicht Feinde seien, sondern eine wichtige Aufgabe für die Gesellschaft erfüllten, sagt Ellen Shearer. Dennoch sei es beängstigend, dass dies in einer Demokratie wie den USA wieder nötig geworden sei.

Echo der Zeit vom 5.6.2020

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