Um was geht es? Vom 10. bis 12. Dezember finden am Internationalen Gerichtshof in Den Haag öffentliche Anhörungen statt. UNO-Ermittler werfen dem Militär in Burma einen «anhaltenden Völkermord» gegen die muslimische Rohingya-Minderheit vor.
Wie kam die Anklage zustande? Die Klage wegen Völkermord gegen das südostasiatische Land war von Gambia im Namen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit eingebracht worden. Chefanklägerin Fatou Bensouda in Den Haag hatte im September 2018 Vorermittlungen zur Vertreibung der Rohingya aus Burma eingeleitet. Im Juli bat sie die Richter dann um die Genehmigung zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens.
Wer sind die Rohingya ? Die Angehörigen der muslimischen Minderheit werden in ihrem Heimatland Burma seit Jahrzehnten diskriminiert. Viele von ihnen verloren durch ein 1983 erlassenes Gesetz die Staatsbürgerschaft. Rohingya können nicht wählen und sich auch nicht frei bewegen. Wenn sie heiraten wollen, müssen sie die Behörden um Erlaubnis bitten. Amnesty International berichtet auch von willkürlicher Besteuerung, Erpressung, Landbeschlagnahmungen und Zwangsarbeit.
Was wird Burmas Militärregierung vorgeworfen? Soldaten sollen Frauen und Kinder vergewaltigt, Dörfer dem Erdboden gleich gemacht und Menschen lebendig in ihren Häusern verbrannt haben. Vor rund zwei Jahren waren mehr als 700’000 Menschen innerhalb kurzer Zeit wegen der Militärgewalt in das Nachbarland Bangladesch geflohen. Nach UNO-Angaben droht den 600’000 in Myanmar verbliebenen Rohingya weiterhin systematische Verfolgung und Genozid.
Was sagt das Militär zu den Vorwürfen? Das Militär und die Regierung in Burma weisen die Vorwürfe zurück. Vor Gericht wird sich auch die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi zu den Vorwürfen äussern. Suu Kyi werde eine Delegation anführen, um «das nationale Interesse zu verteidigen», teilte die Regierung mit.
Wieso findet der Prozess in Den Haag statt? Der Internationale Gerichtshof hatte 2018 entschieden, dass er für den Fall zuständig ist, obwohl Burma kein Vertragsstaat des Gerichtes ist. Die Zuständigkeit ergibt sich den Richtern zufolge daraus, dass Bangladesch dem Gerichtshof angehört.
Was bezweckt Aung San Suu Kyi mit ihrem Auftritt? Die umstrittene Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi verurteilt die Geschehnisse nicht und kümmert sich mangelhaft um Aufklärung, so die Sicht der Mehrheit der internationalen Beobachter. Ihr wurden seither zahlreiche Auszeichnungen aberkannt; ihr Ruf im Ausland ist ruiniert. Suu Kyis Auftritt könnte auch mit den Wahlen 2020 zusammenhängen. Wenn sie sich als jemand präsentieren kann, der internationalem Druck resolut entgegentritt, dürfte das dem Vorhaben helfen, dass ihre Partei «Nationale Liga für Demokratie» erneut die absolute Mehrheit gewinnt.