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Anschläge auf Busse in Israel Der Terror ist zurück in Jerusalem

Zwei Explosionen fordern Todesopfer und Verletzte. Die Taten bedeuten eine weitere Zuspitzung der Lage in der Region.

Bei zwei Explosionen am Stadtrand und einem Vorort von Jerusalem ist eine Person getötet worden, 18 weitere Menschen wurden bei den Anschlägen verletzt. Beim Toten handelt es sich laut Medienberichten um einen Minderjährigen.

Die erste Explosion ereignete sich an einer Bushaltestelle am Stadtrand, kurz darauf gab es Berichte über eine weitere Explosion an einer Haltestelle in Ramot nördlich der Stadt.

Bekannt hat sich zu den Anschlägen bislang niemand – doch die im Gazastreifen herrschende Islamisten-Bewegung Hamas lobte die Bluttaten explizit.

Die Suche nach Verdächtigen laufe, teilte die Polizei mit. Medienberichten zufolge gibt es Hinweise darauf, dass die Sprengsätze aus der Ferne, mithilfe von Handys, gezündet wurden. Wie die «Jerusalem Post» berichtete, waren die Bomben mit Nägeln und Schrauben gefüllt.

Neue Phase der Gewalt?

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Anschlagsort mit Bus und Polizei.
Legende: Keystone/Atef Safadi

«Das waren geplante Taten. Dazu braucht es Strukturen und Leute, die das geplant haben», sagt die in Tel Aviv lebende Journalistin Gisela Dachs. Das alles deute darauf hin, dass die blutigen Auseinandersetzungen zwischen Israels Sicherheitskräften und palästinensischen Militanten-Organisationen eine neue Stufe erreicht haben könnten. «Die Anschläge könnten auf etwas Strategischeres hindeuten», so Dachs.

Extreme Rechte fordert mehr Härte

Der israelische Abgeordnete Joav Ben-Zur von der streng religiösen Schas-Partei sprach von einer «Rückkehr zum Horror und den schweren und blutigen Tagen des zweiten Palästinenseraufstands Intifada». Israels Abschreckungskraft sei kaum noch existent. «Jeden Tag erhebt der Terror wieder sein Haupt», sagte er.

Der rechtsextreme Politiker Itamar Ben-Gvir sagte am Ort der Explosion am Stadtrand von Jerusalem, die Verantwortlichen müssten einen «Preis für den Terror» zahlen.

Ben Gvir und Sicherheitskräfte.
Legende: Itamar Ben-Gvir kann man ungestraft einen Rassisten nennen. 2007 wurde er wegen Anstiftung zu Rassismus verurteilt, weil er gegen Araber gehetzt hatte. Jetzt will er in der neuen Regierung Netanjahu Polizeiminister werden. Keystone/Atef Safadi

Er forderte unter anderem eine «Rückkehr zu gezielten Tötungen» und eine Verschärfung der Haftbedingungen für militante Palästinenser in Israel.

Bald rechts-religiös dominierte Regierung?

«Wir müssen so schnell wie möglich eine Regierung bilden», sagte der rechtsextreme Politiker, der derzeit bei den Koalitionsverhandlungen das Ministerium für innere Sicherheit – er würde damit Polizeiminister – für sich fordert. «Der Terror wartet nicht.»

Regierungsverhandlungen im Gang

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Netanjahu.
Legende: Reuters/Ronen Zvulun

Nach der Parlamentswahl von Anfang November bemüht sich Ex-Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (Bild), eine Koalition seiner Likud-Partei mit rechten, religiösen und rechtsextremen Parteien zu bilden. Der 73-Jährige erhielt von Staatspräsident Izchak Herzog vor zehn Tagen den Auftrag dazu.

Netanjahus rechts-religiöses Lager hatte bei der Parlamentswahl 64 von 120 Sitzen in der Knesset geholt. Die liberale Zukunftspartei des amtierenden Regierungschefs Jair Lapid landete hinter Netanjahus Likud-Partei an zweiter Stelle. Es war bereits die fünfte Wahl in Israel binnen dreieinhalb Jahren.

Das Bündnis von Ben-Gvir und dem Politiker Bezalel Smotrich wurde bei der Parlamentswahl in Israel am 1. November drittstärkste Kraft. «Es könnte jetzt tatsächlich schneller zu einer neuen Regierungskoalition kommen, als erwartet», sagt die Journalistin Gisela Dachs dazu.

Schon mehr als 160 Tote auf beiden Seiten

Vergangene Woche waren bei einem Anschlag nahe einer israelischen Siedlerstadt im Westjordanland drei israelische Männer getötet worden. Ein 18-jähriger Palästinenser hatte dem Militär zufolge an zwei Orten mehrere Menschen mit einem Messer angegriffen.

In diesem Jahr starben bereits mindestens 26 Menschen durch Anschläge in Israel, Ost-Jerusalem und dem Westjordanland, darunter auch mehrere Soldaten und Sicherheitskräfte. Seit dem Frühjahr unternimmt Israels Armee im besetzten Westjordanland auch vermehrt Razzien.

Auf palästinensischer Seite kamen nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Ramallah dieses Jahr auch mehr als 140 Palästinenser in Zusammenhang mit Militäreinsätzen, bei Zusammenstössen oder eigenen Anschlägen ums Leben. Es gibt zudem zunehmend Berichte über Gewalt israelischer Siedler gegen Palästinenser, israelische Aktivisten oder Soldaten.

Rendez-vous, 23.11.2022, 12:30 Uhr ; 

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