Zum Inhalt springen

«Anti-Nawalny-Gesetz» Russisches Gericht verbietet Nawalny-Organisationen endgültig

  • Russlands Justiz hat mehrere Organisationen des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny endgültig verboten.
  • Ein Gericht in Moskau stufte die Vereinigungen als extremistisch ein.
  • In Verbindung mit einem neuen Gesetz dürfen Nawalnys Unterstützer nun nicht mehr bei Wahlen in Russland antreten.

Unter anderem die Anti-Korruptions-Stiftung FBK und die Regionalstäbe des Oppositionellen seien als extremistisch eingestuft worden, teilte das Moskauer Gericht mit. Nawalnys Unterstützer hatten das Verfahren als politisch motiviert kritisiert.

Bereits vor einigen Wochen war ein vorläufiges Betätigungsverbot gegen Nawalnys Regionalstäbe verhängt und die Tätigkeit seiner Anti-Korruptions-Stiftung massiv eingeschränkt worden. Wenige Tage später setzte die Finanzaufsichtsbehörde die Regionalstäbe auf die Liste extremistischer und terroristischer Organisationen.

Kritik am Vorgehen russischer Behörden

Nawalnys Unterstützer beklagen, dass die Justiz so den Kampf gegen Korruption sowie die Strassenproteste vor der Dumawahl im September lahmlegen will. Deutliche Kritik am Vorgehen der russischen Behörden kam zuletzt auch aus dem Ausland.

US-Regierung verurteilt Verbot von Nawalny-Organisationen

Box aufklappen Box zuklappen

Die US-Regierung hat die Einstufung mehrerer Organisationen des inhaftierten Kremlgegners Alexej Nawalny als «extremistisch» durch die russische Justiz verurteilt. «Mit dieser Massnahme hat Russland faktisch eine der wenigen verbliebenen unabhängigen politischen Bewegungen des Landes kriminalisiert», erklärte der Sprecher des Aussenministeriums, Ned Price, am Mittwochabend. Washington rief Russland auf, die Bezeichnung von gewaltfreien Organisationen als extremistisch einzustellen, Nawalny und seine Anhänger nicht länger zu unterdrücken und internationale Verpflichtungen zur Achtung und Gewährleistung von Menschenrechten und Grundfreiheiten zu erfüllen.

Das US-Aussenministerium erklärte, die Einstufung setze Mitarbeiter, Freiwillige und Tausende von Unterstützern in ganz Russland dem Risiko strafrechtlicher Verfolgung und Inhaftierung für die Ausübung grundlegender Menschenrechte aus, die durch die russische Verfassung garantiert seien.

Der jüngste Vorstoss Moskau dürfte die Fronten zwischen Russland und den USA vor dem Treffen ihrer Präsidenten Wladimir Putin und Joe Biden am kommenden Mittwoch in Genf weiter verhärten.

Aus Sicht der Moskauer Staatsanwaltschaft destabilisiert Nawalnys Bewegung «die gesellschaftlich-politische Lage im Land». Sie rufe auf zu «extremistischen Aktivitäten, zu Massenunruhen – auch mit Versuchen, Minderjährige in gesetzeswidrige Handlungen zu verwickeln». Mit der Einstufung als extremistisch gehen für Nawalnys Strukturen laut eigener Darstellung unter anderem Kontosperrungen, Arbeitsverbote und versiegelte Büroräume einher.

Kandidatur nun gesetzlich verboten

Seit wenigen Tagen gilt zudem ein neues Gesetz, das es Unterstützern extremistischer Vereinigungen künftig verbietet, bei Wahlen zu kandidieren. Von russischen Oppositionellen war es mit Blick auf die absehbare Gerichtsentscheidung als «Anti-Nawalny-Gesetz» bezeichnet worden. Nawalnys Team hatte dennoch angekündigt, nicht aufgeben zu wollen.

Mit Blick auf die Dumawahl im September ruft es etwa zum «schlauen Abstimmen» auf: Bürger sollen für einen beliebigen Kandidaten stimmen – nur nicht für jenen der Kremlpartei.

Grosse Demonstrationen für Nawalny

Box aufklappen Box zuklappen

Erst im April waren landesweit zehntausende Menschen bei Demonstrationen für den im Straflager inhaftierten 45-Jährigen auf die Strasse gegangen. Bereits im Januar gab es Massenproteste. Der populäre Oppositionspolitiker, der im vergangenen Jahr nur knapp einen Giftanschlag überlebte, ist seit Monaten in einem Straflager inhaftiert.

SRF 4 News; 9.6.21; 23 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel