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Antrag abgewiesen Trump geniesst keine Immunität, doch er kann auf Zeit spielen

Ein US-Berufungsgericht hat entschieden: Donald Trump kann strafrechtlich belangt werden. Es hat den Antrag des Ex-Präsidenten auf Immunität abgewiesen. Konkret geht es um seinen Versuch, das Wahlresultat von 2020 umzustossen und um seine Rolle beim Sturm aufs Kapitol danach. USA-Korrespondent Andrea Christen zu den möglichen Folgen des Gerichtsentscheids.

Andrea Christen

USA-Korrespondent

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Andrea Christen ist USA-Korrespondent für Schweizer Radio SRF. Zuvor war er stellvertretender Redaktionsleiter von SRF 4 News und Auslandredaktor. Er arbeitet seit 2010 für SRF.

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War dieses Urteil so zu erwarten?

Alles andere wäre sehr überraschend gewesen. Trump und seine Anwälte hatten die Vorstellung, ein Präsident geniesse für das, was er im Amt tue, in jedem Fall Immunität. Ein Gremium aus drei Richterinnen hat diese Vorstellung einstimmig und deutlich zurückgewiesen.

Wie argumentiert Trump?

Trump behauptet etwa, wenn ein Präsident nicht völlig immun sei, dann müsse er sich ständig vor Strafverfolgung nach seiner Amtszeit fürchten. Das Argument wirkt etwas absurd. Schliesslich ist Trump der allererste Ex-Präsident, der je angeklagt wurde. Die Richterinnen haben dieses Argument verworfen. Sie erklären auch, es gehöre schlicht nicht zu den Aufgaben eines Präsidenten, sich in einen Wahlprozess einzumischen. Damit meinen sie seinen Versuch, das Wahlresultat von 2020 umzustossen. Auch für den Sturm aufs Kapitol könne er strafrechtlich verfolgt werden.

Wird Donald Trump das Urteil weiterziehen?

Das Trump-Team hat sehr rasch erklärt, es ziehe das Urteil weiter. Trump kann direkt beim Obersten Gerichtshof, beim Supreme Court, vorstellig werden. Er kann aber auch zuerst verlangen, dass das gesamte Berufungsgericht die Immunitätsfrage beurteilt, nicht nur ein Dreiergremium.

Nützt Trump eine Verzögerungstaktik?

Gegen Donald Trump stehen vier Strafprozesse im Zusammenhang mit dem Sturm auf das Kapitol an. Im November sind Präsidentschaftswahlen. Seine Strategie scheint erfolgreich das Spiel auf Zeit zu sein. Die Gerichte brauchen Zeit, um solche Fragen wie jene der Immunität zu klären. Es ist sehr im Interesse von Trump, diese Prozesse möglichst lange hinauszuzögern – im besten Fall für ihn über den Wahltermin am 5. November hinaus.

Der ehemalige US-Präsident Donald Trump sitzt neben den Anwälten Christopher Kise und Alina Habba vor Gericht.
Legende: Der Prozess auf Bundesebene wegen Trumps Versuch, das Wahlresultat zu kippen, hätte eigentlich am 4. März beginnen sollen. Die zuständige Richterin hat ihn jetzt aber verschoben und bislang keinen neuen Prozesstermin angesetzt. Keystone/AP Pool Reuters/SHANNON STAPLETON (11.01.2024)

Wie würde Trump profitieren?

Wenn er wieder Präsident werden würde, könnte er dem Justizdepartement befehlen, laufende Verfahren auf Bundesebene einzustellen. Bei einer Verurteilung könnte er sogar versuchen, sich selbst zu begnadigen. Er könnte ganz generell argumentieren, ein amtierender Präsident dürfe gar nicht strafrechtlich verfolgt werden, auch nicht auf der Ebene einzelner Bundesstaaten.

Ist ein Urteilsspruch vor den Präsidentschaftswahlen möglich?

Das ist offen. Diese Immunitätsfrage dürfte beim Obersten Gerichtshof in Washington landen. Die höchsten Richterinnen und Richter könnten erklären: Wir behandeln diese Frage nicht noch einmal und erachten das als geklärt. Das würde Zeit sparen. Wenn der Oberste Gerichtshof die Frage aber behandelt, dann kann das dauern. Zudem steht auf Bundesebene ein weiterer Prozess an wegen der Geheimdokumente, die Trump aus dem Weissen Haus mitnahm. Er ist zusätzlich auch in zwei Bundesstaaten angeklagt.

SRF 4 News, 07.02.2024, 06:20 Uhr ; 

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