Darum geht es: Auf der Insel Olkiluoto vor der Westküste Finnlands ist seit 2004 der Bau eines Tiefenlagers für radioaktive Abfälle im Gang. Ab etwa 2025 soll dort in 400 Metern Tiefe Atommüll aus den finnischen AKWs dauerhaft eingelagert werden. Der strahlende Abfall soll dort für mindestens 100'000 Jahre sicher sein, ohne dass radioaktive Strahlung aus dem Lager austritt. So sehen es die Vorgaben der EU vor.
«Wie verlässlich diese Vorgaben sind, ist schon fast eine philosophische Frage», sagt SRF-Nordeuropamitarbeiter Bruno Kaufmann. Schliesslich wisse man heute nicht einmal, wie die Welt in 100 Jahren aussehen werde, geschweige denn in einigen 1000 oder 10'000 Jahren.
So soll das Endlager funktionieren: Kilometerlange Gänge und Tunnels werden tief in den Boden getrieben, in denen der Atommüll versorgt werden soll. Anschliessend, so ist es geplant, wird die Anlage auf alle Ewigkeit versiegelt. Konkret müssen die Brennstäbe aus einem AKW zunächst mehrere Jahrzehnte lang in Abkühlbecken zwischengelagert werden.
Sie werden dann gebündelt und kommen in gusseiserne und diese wiederum in Kanister aus Kupfer. Letztere sollen eine Korrosion durch Grundwasser verhindern. Die Kupferkanister mit den Brennstäben werden schliesslich in den Tunnelboden getriebenen Felskammern platziert, die ihrerseits mit Bentonit aufgefüllt werden.
Deshalb ist das Lager ein Vorzeigemodell: In Olkiluoto entsteht das weltweit erste Endlager, das in einigen Jahren seinen Betrieb aufnehmen soll. «Es ist ein Bau, wie es ihn weltweit noch nie gegeben hat», so Kaufmann. Es würden dabei die höchsten derzeit verfügbaren Standards von Technik und Wissenschaft angewandt.
Bei der Planung des Lagers sei man in Finnland sehr pragmatisch vorgegangen: Da man AKWs hatte, musste man auch ein Endlager für den radioaktiven Abfall sorgen – auch wenn der erste anfallende Atommüll vor Jahrzehnten noch in die Ostsee gekippt und später nach Russland respektive in die Sowjetunion exportiert worden sei.
Es geht um unglaublich lange Zeiträume.
Es gibt auch Widerstand gegen das Projekt: Wie überall auf der Welt gibt es auch in Finnland Gegner der Atomkraft. Die Argumente sind ähnlich wie andernorts: «Es geht vor allem um die unglaublich langen Zeiträume, mit denen man operiert», sagt Kaufmann.
So sorgen die AKWs in einigen wenigen Jahrzehnten der Energieproduktion für hochgefährliche Abfälle, die über Zehntausende Jahre sicher verwahrt werden müssen. Gegner des Endlagers von Olkiluoto befürchten auch, dass die Ostsee atomar verstrahlt werden könnte, falls es zu einem unterirdischen Leck käme.
Deshalb setzt Finnland weiter auf Atomkraft: Finnland stützte sich lange auf fossile Energie ab, namentlich waren das Erdöl und -gas aus der Sowjetunion und Russland sowie Kohle aus Schweden. Um sich künftig noch stärker aus diesen Abhängigkeiten zu lösen, muss Finnland mehr Energie selber herstellen.
Doch die Alternativen sind dünn gesät: Wasserkraft kann in dem relativ flachen Land nur wenig produziert werden. Auch der Wind weht wesentlich weniger stark und oft als etwa an der Küste in Dänemark. Ganz zu schweigen von der Sonnenenergie, von der man umso weniger produzieren kann, je nördlicher ein Land liegt. Was als Möglichkeit bleibt, ist vor allem die Kernenergie. Deshalb baut Finnland neue Atomkraftwerke.
Die Atomkraftgegner haben es schwer in Finnland: Es gibt zwar auch in Finnland Debatten um eine Energiewende hin zu erneuerbaren Energieformen. Doch die Politik hat auf Atomkraft gesetzt – vor allem auch für die Zukunft: Der Anteil der Atomenergie am gesamten Energiemix des Landes soll von derzeit rund 25 Prozent auf etwa 60 Prozent im Jahr 2018 steigen. Ausserdem gibt es in Finnland keine direktdemokratischen Mitsprachemöglichkeiten – die Atomgegner konnten das Thema also nicht vors Volk bringen.