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Auf der Terrorliste «Das schweisst die Machtelite weiter zusammen»

Die US-Regierung von Präsident Donald Trump hat die Revolutionsgarden Irans auf eine schwarze Liste gesetzt. Trump begründete die Einstufung als Terrororganisation damit, dass die Revolutionsgarden «Terrorismus als Instrument staatlicher Politik» betrieben.

Die Iran-Kennerin Natalie Amiri hatte den zuvor mehrfach angedrohten Schritt erwartet.

Natalie Amiri

Journalistin und Nahost-Expertin

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Die deutsch-iranische Journalistin Natalie Amiri ist internationale Korrespondentin bei der ARD. Zuvor war sie fünf Jahre lang Studioleiterin der ARD in Teheran.

SRF News: Hat US-Präsident Trump Recht, wenn er die iranische Revolutionsgarde als Terrororganisation einstuft?

Natalie Amiri: Es ist sicher ein beispielloser Schritt, diese staatliche iranische Organisation auf die Terrorliste zu setzen. Zumal die Garde von sich sagt, sie bekämpfe den Terrorismus – also auch Organisationen wie den IS, mit denen sie jetzt gemeinsam auf der schwarzen Liste der USA steht. Sicher aber schweisst das US-Vorgehen die Machtelite in Iran weiter zusammen.

Durch das Vorgehen der USA ist der Feind wieder klar definiert, die Differenzen innerhalb des Regimes verblasst.

Ändert sich jetzt etwas bezüglich ihrer Einsatzdoktrin?

Kaum. Die Revolutionsgarde ist der Sicherheitsgarant für die islamische Revolution in Iran. Sie wird jetzt wohl noch rigoroser auftreten und mehr Rückhalt erhalten. So zogen etwa heute Morgen viele Abgeordnete im iranischen Parlament aus Solidarität die Uniform der Revolutionsgarde an. Die Differenzen innerhalb des Regimes sind etwas verblasst, der Feind ist mit den USA wieder klar definiert. Der Rückhalt für die Revolutionsgarde dürfte eher stärker werden.

Parlamentsmitglieder in Uniformen der Revolutionsgarden
Legende: Aus Solidarität mit der Revolutionsgarde trugen viele Parlamentarier am Dienstag deren Uniform. Keystone

Wie ist das Verhältnis der Revolutionsgarde zur iranischen Armee?

Die Revolutionsgarde ist eine Parallelarmee, die 1979 gegründet wurde. Allerdings ist die Garde viel wichtiger, einflussreicher und mächtiger als die Armee. Sie hat nicht nur militärisch etwas zu sagen, sie verfügt inzwischen auch über grosse Teile der iranischen Wirtschaft. Über die Jahre hat sie sich quasi zum Staat im Staat entwickelt. Die Bedeutung der Garde innerhalb des iranischen Machtgefüges ist enorm – sowohl innen- wie aussenpolitisch. So war die Revolutionsgarde in den letzten Jahren regelmässig jene Instanz, welche Strassenproteste als erste, konsequent und brutal niedergeschlagen hat.

Ohne die Revolutionsgarde ist eine Sicherung der Islamischen Republik nicht denkbar.

Ist eine solche Garde letztlich nur in einem totalitären System möglich?

Auf jeden Fall. In Iran hat sich die Revolutionsgarde über die Jahre derart viel Macht angeeignet, dass sie vom Revolutionsführer starken Rückhalt geniesst – dieser aber auch auf Gedeih und Verderb auf sie angewiesen ist. Ohne die Garde ist eine Sicherung der Islamischen Republik Iran nicht denkbar.

Wie religiös ist die Revolutionsgarde?

Das ist schwierig einzuschätzen. Die Revolutionsgarde wurde zu Beginn der islamischen Republik 1979 zu deren Schutz gegründet. Wie religiös heute die einzelnen Militärs in der Garde sind, ist unklar. Beobachten lässt sich, dass von der Revolutionsgarde wenig religiöse Aussagen kommen. Es geht ihr vielmehr um die Macht – innerhalb des Staates und des Systems, aber auch in den umliegenden Ländern wie Syrien, Libanon oder Irak. Sie stehen eher für militärische und wirtschaftliche Inhalte als für religiöse.

Das Gespräch führte Simon Leu.

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