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Aufhebung von Brexit-Fluch Worum es beim Nordirland-Protokoll geht

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der britische Premierminister Rishi Sunak wollen einen Schlusspunkt unter die Verhandlungen über die Brexit-Regeln für Nordirland setzen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Wieso dauerte der Streit so lange? Eigentlich sollte die Frage längst geklärt sein. 2019 feierte der damalige Premier Boris Johnson das sogenannte Nordirland-Protokoll mit der EU als grossen Erfolg. Nach jahrelangem Gezerre war ein Austritt ohne Vertrag – ein «No-Deal-Brexit» – abgewendet. Mit dem Slogan «Get Brexit Done» fuhr Ex-Premier Boris Johnson einen grossen Wahlsieg ein und führte sein Land aus der EU. Bald aber stellte sich heraus, dass er wohl nie vorhatte, sich an das Protokoll zu halten. Grossbritannien setzte die Abmachung nur schleppend um, forderte Nachverhandlungen und versuchte, sie per Gesetz im eigenen Land unwirksam zu machen. Zudem fehlte die Unterstützung der nordirischen Protestantenpartei DUP. Sie blockiert bislang deshalb auch die Bildung einer neuen Regierung.

Lupe auf Karte: Gezeigt wird wo Nordirland liegt.
Legende: Shutterstock / Vladimir Sukhachev

Was besagt das Nordirland-Protokoll? Das Protokoll ist eine Alternative zu den sogenannten Backstop-Plänen der ehemaligen britischen Premierministerin und Johnson-Vorgängerin Theresa May, wonach das ganze Königreich weiterhin EU-Regeln folgen sollte. Ziel ist ein härterer Bruch mit der EU. Das Protokoll sieht vor, dass England, Schottland und Wales komplett von der EU abgenabelt werden. Nur Nordirland folgt den Regeln von EU-Binnenmarkt und Zollunion, damit es keine Kontrollen an der Landgrenze zu Irland gibt. Stattdessen soll nun kontrolliert werden, wenn Waren aus Grossbritannien an den Häfen in Nordirland eintreffen. Deshalb wird auch von einer Zollgrenze in der Irischen See gesprochen.

Was waren und sind die Folgen des Protokolls? Nordirland hat damit einen Sonderstatus. Es ist sowohl Teil der Europäischen Zollunion als auch des britischen Zollgebiets. Für die Wirtschaft ist das ein klarer Vorteil gegenüber den anderen Landesteilen. Trotzdem gab es auch Schwierigkeiten, etwa beim Versand von Päckchen, bei der Lieferung von Medikamenten und beim Mitnehmen von Haustieren aus dem Königreich nach Nordirland. Insgesamt stärkten die neuen Regelungen die Handelsbeziehungen zwischen Irland und Nordirland und schwächten die zwischen Grossbritannien und Nordirland. Anhänger der Union fühlen sich zunehmend von Grossbritannien abgeschnitten.

Eine Geschichte von Teilung und Bürgerkrieg

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Als Irland vor etwa 100 Jahren die Unabhängigkeit vom Vereinigten Königreich erlangte, wurde die Insel in zwei Teile geteilt: Der überwiegend katholische Süden wurde zur Republik Irland, der Norden mit seiner protestantischen Mehrheit blieb Teil des Königreichs. Die Protestanten dominierten dort Verwaltung und Wirtschaft, die katholische Minderheit war lange wirtschaftlich benachteiligt. Das führte zu einem Bürgerkrieg, in dem die katholisch-republikanische Gruppe IRA gewaltsam eine Vereinigung beider Teile durchsetzen wollte. Sicherheitskräfte, Armee und protestantische Milizen schlugen mit Härte zurück. Tausende verloren ihr Leben, bis das Karfreitagsabkommen 1998 einen Friedensschluss brachte.

Alte Konflikte drohten durch Brexit aufzubrechen

Die Übergänge an der inneririschen Grenze waren früher stark gesichert, um zu verhindern, dass IRA-Kämpfer und Terroristen sie überqueren. Gleichzeitig waren Grenzposten häufig Ziel von Anschlägen, weil die Befürworter der Einheit sie als Symbol der Unterdrückung betrachteten. Die EU-Mitgliedschaften beider Länder machten Zollkontrollen dort später überflüssig. Doch mit dem Brexit wurden wieder Zollgrenzen notwendig, damit Nordirland nicht die Hintertür von Schmugglerware in den EU-Binnenmarkt wird. Neue Schlagbäume wären aber mit grosser Wahrscheinlichkeit Ziel der noch immer aktiven IRA-Splittergruppen geworden. Das sollte um jeden Preis vermieden werden. Der Frieden ist noch immer wackelig.

Was bedeutet eine Einigung? Erweist sich die Vereinbarung als belastbar, wäre der Zank um den Brexit vielleicht endgültig beendet. Das Thema EU-Austritt wurde in den bald sieben Jahren seit dem knappen Ja der Briten in einer Volksabstimmung immer wieder als Instrument für Machtkämpfe in der konservativen Regierungspartei benutzt. Sunak steht durch Vorvorgänger Johnson unter Druck, der womöglich auf ein Comeback hofft, wenn er sich als Verfechter der reinen Brexit-Lehre präsentiert. Für Sunak geht es darum, das Gezänk hinter sich zu bringen, um sich dem maroden Gesundheitssystem und der schwächelnden Wirtschaft widmen zu können. Diese Themen interessieren die Wähler inzwischen sehr viel mehr als der Brexit. Ob sie erfolgreich ist, hängt nun vor allem davon ab, ob die nordirische Protestantenpartei DUP die Einigung akzeptiert.

Tagesschau, 27.02.2023, 12:45 Uhr ; 

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