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Aus für Atomabkommen mit Iran «Wir sollten uns auf einen US-Angriff einstellen»

Der Rückzug der USA aus dem Atomabkommen mit Iran dürfte die Region nach Einschätzung von Experten weiter destabilisieren. Wie gross ist die Gefahr eines neuen Krieges und was beabsichtigt Präsident Donald Trump? Fragen an Joseph Braml, den USA-Experten der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

Joseph Braml

Politologe und USA-Kenner

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Josef Braml ist USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP). Er ist Autor des Buches «Trumps Amerika – Auf Kosten der Freiheit». Aktuelle Analysen veröffentlicht er auch über seinen Blog .

SRF News: Welche Folgen hat der Ausstieg der USA?

Joseph Braml: Es ist der erste Schritt hin zu einer militärischen Konfrontation. Ich wäre nicht überrascht, wenn Präsident Donald Trump und seine Sicherheitsberater zum Schluss kämen, dass die iranische Bombe nur noch durch Präventivschläge zu verhindern sei.

Rechnen Sie also damit, dass Trump einen Angriff starten wird?

Davon ist auszugehen. Auch Israel bereitet sich seit längerem dahingehend vor. Es gibt bereits erste Scharmützel zwischen Israel und dem Iran auf syrischem Boden. Der neue Nationale Sicherheitsberater der USA, John Bolton, ist zwar noch nicht so lang im Amt, um alles gleich vorwegzunehmen. Aber wir sollten uns darauf einstellen.

Wie profitiert Trump von einer Destabilisierung?

Militärschläge würden dem «Oberbefehlshaber» Trump helfen, bei den Kongresswahlen am 6. November die amerikanische Wählerschaft hinter sich zu scharen. Das Risiko wäre geringer, dass er beide Kammern im Kongress verliert. Oder dass er gar des Amtes enthoben würde, falls Sonderermittler Robert Mueller noch mehr ans Tageslicht bringt. Die innenpolitische Seite spricht also nicht dagegen, dass die Militärschläge erfolgen könnten. Aussenpolitisch käme Trump eine Instabilität im geopolitischen Plan sehr gelegen, könnte er doch die Hauptrivalen in Europa und vor allem China schwächen.

Die US-Wirtschaft brummt, die Arbeitslosigkeit ist tief. Kann sich Trump das aussenpolitische Abenteuer leisten?

In der Regel verlieren Präsidenten bei den ersten Zwischenwahlen. Letztmals war es George W. Bush, der den globalen Krieg gegen den Terror 2002 instrumentalisieren konnte, um eine Einheitsfront zu schaffen. Sicherheitsberater Bolton hat übrigens bereits vor drei Jahren empfohlen, eine iranische Bombe mit Bomben zu verhindern.

Trump kritisierte Militärinterventionen als Verschwendung. Was sagen die Wähler zum Meinungsumschwung?

Man muss sich daran gewöhnen, das Trump etwas sagt und dann auch das Gegenteil, schon oft im gleichen Satz. Aber es macht einen Unterschied, ob man wie beim Irak-Krieg Bodentruppen schickt und das Land längerfristig bindet, oder ob es Militärschläge aus der Luft sind. Letzeres würde die Amerikaner weniger berühren. Ich glaube, dass darauf hingearbeitet wird. So wäre es auch kein Widerspruch, wenn Trump die Truppen aus Syrien zurückzöge. Denn sie würden im Fall von Militärschlägen gegen Iran wohl zu Geiseln.

Wie würde Trump von einer solchen Strategie profitieren?

Er kann wichtige innenpolitische Unterstützer näher an sich binden. Beim Schulterschluss mit Premier Benjamin Netanjahu hat er auch gezeigt, dass er fest an der Seite Israels steht. Das wird die jüdische Gemeinschaft in Amerika vor schwierige Entscheidungen stellen, vor allem aber die christlichen Rechten mit ihren alttestamentarischen Heilserwartungen erfreuen. Je fester die USA an der Seite Israels steht, desto besser ist es für Trump auch innenpolitisch.

Das Gespräch führte Salvador Atasoy.

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